Neuer Heimathafen: Travemünde

Ja, mittlerweile liegen wir vor Travemünde. Wir wollten den letzten Winter nicht in der Halle verbringen, nicht nur weil teurer, sondern weil auch das eben gestellte Rigg wieder abgebaut werden müsste und wir den einen oder anderen Tag vor Ort lieber auf dem Boot im Wasser als in der Halle verbringen wollen (z.B. Silvester).

Ein Kollege meinte, nachdem ich im kurz vom Törn berichtet hatte, na, da hast Du sicherlich dabei gelernt, nicht in dieser Jahreszeit in See zu stechen. Ich sagte nein, ich habe vielmehr erfahren, wie man unter einer Brücke durchkommt, wie es sich anfühlt bei Nebel unterwegs zu sein, auf Grund festzusitzen, von riesigen Fährschiffen fast überfahren zu werden und trotz aller Widrigkeiten am Ende am richtigen Platz zu landen.

Aber im einzelnen:

Brückendurchfahrt: Nach dem Ablegen von der Werftmarina Heiligenhafen war das erste Etappenziel die Fehmarnsundbrücke. Näher kommend konnte ich eine Höhenangabe entdecken, 22 m. Unser Mast ist rund 13,5 m hoch plus Bootshöhe, passt reichlich. Wirklich? Schatz, ich glaube wir bleiben an der Brücke hängen. Nein, kann nicht sein, wir sind doch nicht so hoch. Stimmt, aber das sieht nicht gut aus. Also erstmal abgedreht, geguckt, abgewogen zwischen optischem Eindruck, der Höhenangabe und dem Wissen, dass hier im Sommer eine Menge Segelboote unten durchgehen: Augen zu und durch. „Glück gehabt“, auf die Wirklichkeit ist eben mehr Verlass als auf unseren subjektiven optischen Eindruck.

Treffer: Nach der Brücke noch ein Stück Kurs Ost innerhalb des betonnten Fahrwassers, dann abbiegen nach Süden, Richtung Travemünde. Der Skipper, also ich, im Glauben ich kann das ja alles alleine, steuern und Abbiegepunkt in der Seekarte finden. Nein Skipperin, du musst das Ruder nicht übernehmen. Plötzlich eine Art „boing“ und eine rote Fahrwassertonne rutscht entlang der Backbordseite. Immerhin, die richtige Seite ;-). Reaktion der Skipperin lasse ich hier weg.

Innensteuerstand: Da absolute Flaute herrschte, waren wir unter Motor unterwegs. Es war sonnig, aber kühl. So habe wir das Boot das erste Mal vom Innensteuerstand aus bedient. Schon toll, durch die reichlich Fenster ist das bei Sonnenschein eine Art Wintergarten.

Nebelfahrt: Skipperin hat mich dann mal abgelöst und fand die Fahrt auch sehr angenehm, abgesehen natürlich vom Motorgeräusch. Aber diesmal war das Ziel wichtig, da wir nur dieses eine Wochenende für die Überfahrt zur Verfügung hatten. Nach gerade mal einer gute halben Stunde meinte die Skipperin: schau mal, das sieht aus wie Nebel! Und in der Tat, es war Nebel. Kurze Zeit später waren wir mitten drin, kaum noch Sicht. Schon ein sehr unheimliches Gefühl ab sofort nicht mehr auf Sicht, sondern „auf Technik“ zu steuern. Dank AIS konnten wir zumindest die so ausgestatteten Boote erkennen, zum Ausweichen für kleinere ohne hätte die Sicht m.E. gereicht. Aber gewöhnungsbedürftig, wie man mit so einem „AIS-Boot“, welches laut Plotter genau auf der geplanten Strecke liegt, umgehen soll.

Auf Basis Plotter Kurs knapp daneben gehalten und plötzlich taucht in vielleicht gefühlt 10 m Entfernung ein dicker Pott im Nebel auf. Schon gespenstisch.

Auf Grund gelaufen: Nebel hin oder her, wir nähern uns Travemünde. Nein, nicht weil wir es sehen, der Plotter behauptet das. Eine Tonne gesichtet, diesmal ohne sie platt zu fahren. Leider sind die hier trotz Nebel unbeleuchtet, auch sonst kein beleuchtetes Seezeichen erkennbar. Also Konzentration auf den Plotter und auf das wenige, was man so sehen kann. Plötzlich eine Mauer mit einem halt unbeleuchtetem Seezeichen, wir müssten laut Karte kurz vor der Einfahrt sein. Blick auf den Plotter, am Besten mitten im Fahrwasser, damit wir nirgends anecken. Plötzlich das untrügliche Geräusch und das abstoppen: wir sind auf dem sandigen Grund hängen geblieben. Bei gerade mal kleiner 1,5 m Wassertiefe hat man zumindest gute Sicht auf den Grund.

Zwischen Versuchen, durch Rückwartsfahrt (schließlich sind wir ja bei Vorwärtsfahrt hängen geblieben) und Überlegungen wie wir hierfür am Besten und funktechnisch korrekt (PanPan?) Hilfe holen, kommt rechts von uns aus dem Nebel ein Fährschiff in der Größe eines Kreuzfahrschiffes. Ein gespenstischer Anblick.

Nachdem wir uns ein paar Meter rückwärts bewegen konnten, dann die Idee, es mit Vorausfahrt zu versuchen um in die Fahrrinne zu kommen. Wie eben so Bewegung ins Boot kommt, noch ein Blick nach hinten: Klar war das Wasser hier nicht tief, aber mit einem hätte ich auf unserem Hochseeboot nicht gerechnet, dass da einer steht und uns den Weg weißt.

„Da lang müsst Ihr“ ließ der in seiner Montur im Wasser stehende Fischer verlauten und zeigte in die Richtung, in die wir uns auf den Weg gemacht haben. Sachen gibt’s.

Anlanden: Also fast geschafft, vorsichtig in die Travemündung hinein und uns an einigen Pollern orientiert. Dann doch mal den Blick nach links, und das nächste Ungetüm an Fährschiff nähert sich, auf Kollisionskurs. Ich, Kurs Steuerbord und Gas gegeben. Die Skipperin: Bist du verrückt, mach langsam. Ich: Schau mal nach links. Oha!

Nach dieser unheimlichen Begegnung der Fährschiffart haben wir den Steg der Marina erreicht. Angelegt, orientiert und festgestellt, das ist die falsche Marina. War aber nicht so tragisch, da „unsere“ Marina direkt anschloss und wir nun direkt unsere Box ansteuern konnten.

Ende gut, alles gut: Nun liegen wir in unserem neuen Heimathafen. Noch klar Schiff gemacht und dabei gleich wundervolle Segelkameraden kennen gelernt, Marina und Uwe von der SY Alaya, ebenfalls in Langfahrtvorbereitung. Nachdem die „erfahrene“ Crew der Luna Mare noch nie ein Vorsegel geborgen hatte, war deren Hilfe aufs herzlichste Willkommen. Insbesondere die ausgereifte Technik, auf kleinsten Raum Haupt- und Vorsegel fachmännisch so zusammen zu legen, dass sie in die vorhandenen Segelsäcke passen. Vielen Dank dafür. Vielleicht sehen wir uns ja an Silvester!

 

 

 

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