Endlich geht es weiter
Endlich, am Dienstag war es so weit. Die Luna Mare wieder startklar. Zuletzt hatte der Auspuffkrümmer noch für Verzögerung gesorgt. Nun war aber die Halterung wieder angeschweißt und zwei Lecks an Schweißnähten wurden wieder dicht gemacht. Hoffentlich hält das jetzt.
Jetzt können wir wieder planen. Freitag scheint ein guter Tag zu sein für die Weiterfahrt. Nach so langem Warten wollen wir es bis Camaret-sur-mer versuchen. Das wäre dann ein guter „Warteplatz“ für das Biskaya-Wetterfenster. Auch wenn wir etliche Monate darauf warten müssten.
Heute morgen, wir schreiben Donnerstag den 12.10., um 10 Uhr den Wetterbericht aktualisiert. Sieht doch eigentlich für heute schon gut aus, etwas mehr Wind von vorne, aber moderat mit 15 bis 20 Knoten, nur gelegentlich darüber, aber nie mehr als 25 kn (so 45 km/h). Wegen der Gezeitenströme können wir nur um 14 Uhr raus, bleibt also noch Zeit für die Vorbereitung.
Die Nacht vor der Weiterfahrt, zumindest bei mehrtägigen, kann ich vor Aufregung eh nicht richtig schlafen. Das kann ich dann auch draußen erledigen. Skipperin freut sich auch auf den nächsten Anlegeplatz, also nichts wie los. Uns bei den in den letzten 6 Wochen lieb gewonnenen Helen und Hansueli von der Dada Tux verabschiedet und kurz vor 14 Uhr die Leinen gelöst.
Schönstes Segeln, was es für mich immer ist, falls der Wind in richtiger Stärke mit uns ist und wir einfach nur dem Ziel entgegen rauschen. Dann hat die Strömung noch für einen zügigen Anfang gesorgt. Spannend die Stellen, an denen dann Strömungen aus unterschiedlicher Richtung zusammen kommen, der Wind noch etwas beisteuert und die Luna Mare etwas herumwirbelt.
Nach Alderney und den Casquets müssen wir nun Richtung Südwest, ungefähr die Richtung, wo auch der Wind herkommt. Wir haben mit 52 Stunden für die 185 sm (340 km) gerechnet. Das müsste also reichen und notfalls unter Motor etwas Strecke gut machen. Zumal wir dank günstiger Windrichtung und Strömung nach 9 h schon 50 sm gesegelt sind.
Das folgende Bild (Dank an SY Columbia für die Zusendung) zeigt einen Teil unseres Weges nach Roscoff (am Bild unten links). Am Beginn der Strecke oben kann man schön sehen, wie sich der Wind gegen uns gedreht hat. Anfangs noch ungefähr Südwest Richtung Ziel, dann West und am Ende, bevor wir dann gewendet hatten nach Ostnordost.
Geht dann auch munter durch die Nacht. Gefühlt sind wir ganz gut vorangekommen, aber beim Kreuzen mit dem Zick-Zack-Kurs merkt man nicht direkt, dass man trotz 5 kn Fahrt vielleicht nur 2 kn Richtung Ziel gut macht.
Also machen wir jetzt, Freitag Nachmittag mal den Motor an. So um 16 Uhr denke ich mir, wir sind gut im Plan, aber lassen wir ihn noch eine Stunde laufen, dann haben wir wieder etwas „Vorsprung“ und können „gemütlich“ durch die nächste Nacht kreuzen.
Pustekuchen, Motor ging aus. Mit Symptomen, die wir ja schon kennen. Mir fiel bei einem Neustart auf, dass die Lichtmaschine die Batterien mit hoher Ampere-Zahl lädt, obwohl die voll sind und dann einfach ausgeht. Ein Problem mit dem Laderegler? Das vielleicht nur bei voller Batterie auftritt?
Ein neuer Startversuch, nachdem die Verbraucherbatterie noch bei 94% seiner Kapazität war, war erfolgreich. Muss also die Batterie nur nicht vollgeladen sein, damit der Motor läuft? Klingt etwas abstrus. Scheint aber so zu sein.
Trotzdem nehmen wir mit diesem unsicheren Motor die Fahrt nach Cameret-sur-mer nicht mehr auf uns. Die Strecke dahin ist ab der Île d’Ouessant wegen Gezeitenströmen und gezeitenabhängigen Untiefen und Felsen nicht ganz ohne. Da sollten wir sicher manövrierfähig bleiben. Also neues Ziel: Roscoff. Die Anfahrt ist überschaubarer und dort kann man uns eher in den Hafen schleppen. Haben wir ja schon in Wladyslawowo Erfahrung mit gemacht.
Also weiter gesegelt, was trotz kreuzen aber durchaus positiv war. Kurz vor Mitternacht waren wir 15 sm vor Roscoff. In der Abenddämmerung waren wir uns noch sicher, das wird das erste Einlaufen in einen Hafen in der Dunkelheit.
Es ist dann aber so was von Stockdunkel. Außerdem wissen wir nicht, ob unsere Annahme hinsichtlich Ladezustand Batterie stimmt und der Motor hält. Also entscheiden wir uns für die sichere Variante und verbringen die restliche Nacht mit gebührendem Landabstand draußen.
Um 5 Uhr morgens dann Kurs auf Roscoff aufgenommen. Da wir noch 15 sm entfernt waren, weiter aufgekreuzt. Will ja den Motor gutmütig halten. Dann 6 sm vor der Marina diesen angemacht. Die Batterie lädt allerdings sehr schnell. Schön im allgemeinen. Aber nach unserer Theorie nicht gut. Also einfach Wassermacher einschalten, der verbraucht mit 80 A ungefähr so viel wie die Lichtmaschine erzeugt. So können wir den Level bei 80% halten.
Und ja, der Motor hält durch bis ans Ziel. Jetzt ist ja diese Theorie, hinsichtlich Motorenproblem bei voller Batterie und dass uns quasi der Wassermacher nach Roscoff gebracht hat, schon sehr speziell und stimmt möglicherweise ja auch nicht, weil etwas anderes die Ursache für die Aussetzer ist.
Aber was in keinem Segelkurs erwähnt wird und man bei Langfahrtbüchern mit einem Schmunzeln liest: Es gibt immer noch einen drauf:
Alles läuft gut, wir motoren in die Marina und ja, gleich da ist eine freie Box. Diese direkt angesteuert und kurz davor zieht die Luna Mare nach Steuerbord (rechts) an den Steg. Mist, Rückwärtsgang eingelegt, noch ein Versuch. Gleiches Ergebnis. Shit, das anlegen hatte doch eigentlich schon ganz gut geklappt. Dritter Versuch, vielleicht Strömung, aber so viel. Schlage das Steuer voll auf Backbord (links), laut Ruderlageanzeige steht das Ruder aber weiterhin auf Steuerbord (rechts)?!?
Der mögliche Super-Gau ist eingetreten: Das Ruder ist fest, wir sind mitten in der Marina, 5 cm vor der sichern Box, manövrierunfähig. Durch abwechselnde Vorwärts- und Rückwärtsfahrt versucht, uns von anderen Booten und der Hafenmole fern zu halten. So kommen wir einem Katamaran beträchtlich näher. Eine Frau seilt jemanden eben den Mast hoch.
Ich rufe „Hilfe, unser Ruder funktioniert nicht mehr“, vor uns der Katamaran, hinter uns die Hafenmole. Um uns zu retten, oder deren Katamaran?, ist der Skipper in null komma nix wieder an Deck und nimmt unsere Leinen an, so dass wir längsseits gehen können.
Die freundlichen Leute von der Marina schleppen uns dann in eine Box und trotz der Entfernung steht dort auch schon wieder der Skipper des Katamarans, um unsere Leinen anzunehmen. Unglaublich, wie man sich hier gegenseitig hilft.
Das schlimmste befürchtend mache ich mich gleich auf die Ursachenforschung und stelle fest, der Hydraulikzylinder fiel im wahrsten Sinne des Wortes auseinander. Und zwar so, dass dieser dann das Ruder so blockiert hat, dass auch die Notpinne keine Chance mehr gehabt hätte.
Die Chancen, dass etwas auf einem Segelboot kaputt gehen kann, sind wohl unzählig und endlos. Aber jetzt ist das Teil wieder festgeschraubt (mir ist unklar, wie es technisch überhaupt möglich ist, dass sich dass so lange rund dreht, bis die Schraube draußen ist).
Der Motortest verläuft insofern positiv, weil er einfach läuft, negativ aber insofern, als dass unsere Batterietheorie nicht bestätigt wurde. Ob da so eine Art Zufallsgenerator eingebaut ist.
Anyway, jetzt sind wir in Roscoff
und schauen mal, wann wir das nächste Ziel ansteuern. Von den ursprünglich geplanten wenigen Tagen, sind wir jetzt schon seit 7 Wochen in Frankreich. Für die Biskaya sind die nächsten 10 Tage laufend Winde mit gelegentlich 40 bis über 50 kn (75 bis über 90 km/h) angesagt. Nichts für uns.
So bleiben wir erst mal hier. Eventuell noch nach L’Aber-Wra’c, und/oder Cameret-sur-mer, um statt hier dort auf das passende Wetterfenster zu warten. Würde die Strecke über die Biskaya von 400 sm (740 km), die es von hier sind, auf 370 (685) bzw. 340 (630) verringern. Und wie wir wissen, beim Warten muss man geduldig sein, speziell als Schönwettersegler, wie wir es sind.
Wenn das so gemütlich weiter geht, muss ich noch unser Motto „7 Jahre 7 Meere“ in „7 Jahre 7 Länder“ ändern ;-).