Wir schreiben Samstag, den 08. Dezember 2018 und es ist so weit. Alle Vorbereitungen sind erledigt und wir wollen los in die Karibik. Ziel: Antigua, von wo aus wir den nördlichen Antillenbogen (u.a. Virgin Islands, Puerto Rico, Jamaica und Kuba) erkunden wollen. Nach meinen groben Berechnungen sollten wir für die 2.215 sm (4.100 km) rund 3 Wochen plus/minus einiger Tage benötigen.

Bevor es losgeht verabschieden wir uns noch von Pinto und seinem Sohn Quintino. Hier deren Visitenkarte:

Praia ist auf alle Fälle einen Besuch wert und wer hier ist, sollte auf alle Fälle die Dienste der beiden in Anspruch nehmen. Wir fühlten uns am Ankerplatz sicher, aber auf Grund der gemeldeten Überfälle dann längsseits der Boote von Pinto doch besser. Quintino hat am Dinghi eine Schweißarbeit übernommen und ohne seine Dienste hätte ich wahrscheinlich nicht herausgefunden, wie man steuerfreien Diesel (€ 0,70 pro Liter) im Fischerhafen quasi direkt ans Boot geliefert bekommen kann. Und es hat auch immer wieder Freude bereitet, sich bei einem kühlen Bier mit den beiden zu unterhalten.

Und noch etwas möchte ich vorm ablegen erwähnen. Wie schon berichtet, liegen wir längsseits der Segelyacht des französischen Paares Ellyn und Francois, die mit Sohn Ewen und Filou, dem Vater von Ellyn, unterwegs sind. Eine Gitarre hatte ich an Bord bemerkt, als wir dort zum Essen eingeladen waren. Also sie vor 5 Tagen Richtung Tobago ablegten, hat uns Ellyn noch eine CD mit Widmung vorbei gebracht. Sie ist Sängerin des Folk-Duos „Blue Highway“ und das Album heißt „Swallows in the rain“. Folk-Fans können sich das hier anhören: https://soundcloud.com/swallowsintherain

So, aber jetzt geht es los. Für die, die es interessiert, hier der (etwas zu lang geratene) Bericht über unsere Atlantiküberquerung. Kurzzusammenfassung für Eilige: Wir sind nach 18 Tagen 7 Stunden und 2.300 Seemeilen wohlbehalten angekommen. Weniger spektakulär als ich dachte, tat sich eine Insel am Horizont auf und der Unterschied zu z.B. Kapverden ist eigentlich bisher nur, dass es mehr regnet. Aber wir wollen nicht vorschnell urteilen.

1. Tag (So, 08.12.2018): Es ist 10 Uhr und Pinto und Quintino helfen uns beim ablegen. Raus aus dem Hafenbecken und unter Motor erst mal 200 l Wasser für unsere fast leeren Wassertanks produzieren und noch die Batterien laden.

Der Wind schwächelt deutlich und nicht nur das, er dreht auf Südwest, kommt also aus der Richtung, in die wir wollen, da wir noch zwei leicht südlicher liegenden Inseln, Fogo und Brava ausweichen müssen. Nachdem wir zwei Stunden mit geringer Geschwindigkeit quasi an Ort und Stelle kreuzen, Motor an und geplanten Kurs wieder aufnehmen.

Urplötzlich schießt der Wind auf 25 kn und darüber hoch. Also Segel hoch und Motor aus. Jetzt kommt er auch aus einer passenderen Richtung. Zwar von schräg vorne, was die Fahrt etwas ruppig macht, es geht aber mit 6 bis 7 Knoten rasch voran. Da wird uns schnell klar, wir sind in der Düse. Zwischen zwei Inseln wird der Wind komprimiert und damit deutlich beschleunigt. Kennen wir von den Kanaren.

Von daher wissen wir auch, sobald wir die Windzone verlassen, wird auch der Wind weg sein. Und so ist es auch. Von jetzt auf gleich 5 kn Wind statt 25 und das gleiche Schauspiel, der Wind dreht auf Grund von Verwirbelungen nach Südwest.

Nicht lange rumgemacht, Segel eingeholt, Motor an und auf zur nächsten Düse. Wie gesagt etwas ruppig, aber wir kommen gut voran. Gegen Ende der ersten Nacht sind wir an den beiden Inseln vorbei und es geht hinaus in die hohe See. Etmal 120 sm.

2. Tag (So, 09.12.2018): Mit Wind von schräg hinten machen wir mit 5 bis 6 Knoten gute Fahrt. Die Wellen sind etwas ungleichmäßig, was die Luna Mare mal wieder zum schaukeln bewegt. Da müssen wir uns erst noch daran gewöhnen. So bleibt die Küche kalt. Die Skipperin hat in Vorbereitung der Fahrt aus Brotbackmischungen zwei leckere Brote gezaubert. So lässt sich der Anfangs „fahrtbedingt“ noch geringe Appetit leicht stillen. Der Schlaf während der ersten Freiwachen nicht sehr intensiv, aber alles ok. Etmal 128 sm.

3. Tag (Mo, 10.12.2018): Ziemlich unverändert geht es am dritten Tag weiter. Wir haben weiterhin schönes, sonniges Wetter und ausreichend Wind von schräg hinten. Etwas müde geht es durch den Tag. Es stellt sich aber schon etwas Appetit ein. So wird am Abend eine Dose Gulasch geöffnet, der Inhalt erwärmt und mit ein paar Nudeln dazu zum Abendessen. Dosen werden uns noch ein Stück des Weges begleiten.

Als wir vor knapp zwei Jahren mit der Luna Mare aufgebrochen sind, wollten wir ja bereits Ende letzten Jahres die Karibik erreichen. Entsprechend haben wir uns mit Dosenfutter versorgt. Dazu hatten wir ja immer mal Wasser im Boot und auch in der Bilge, in der wir die Dosen aufbewahren. So haben wir jetzt einige schwer von Rost gezeichnete. Die müssen/wollen wir jetzt peu à peu aufbrauchen. Die Einkäufe erfolgten im Winter, so haben wir Gulasch in allen Variationen dabei. Lecker. Etmal 130 sm.


4. Tag (Di, 11.12.2018): Wetter weiterhin aus Nordost mit 5 bis 6 Bft. Er dreht etwas achterlicher, so dass das Großsegel das Vorsegel abdeckt. Wir nehmen es noch nicht weg, sondern setzen es im 2. Reff in die Mitte, in der Hoffnung, dass es die Bootsbewegungen etwas abmildert, was es m.E. auch tut. Es kehrt an Bord etwas Routine ein. Der Appetit wird größer und auch Aktivitäten wie lesen und Planung der weiteren Reise, nehmen zu.

Bewegungen an Bord benötigen weiterhin einiges akrobatische Geschick. Fehlt das dann immer mal wieder, wird es durch blaue Flecken ersetzt. Ansonsten ziemlich ereignislos. Keine Delphine, oder Wale die uns begleiten und keine Fische, die den Weg zum so liebevoll vorbereiteten Angelhaken finden. Etmal 127 sm.

5. Tag (Mi, 12.12.2018): Mittlerweile dreht der Wind bei gleichbleibender Stärke von Nordost nach Ostnordost, kommt jetzt also noch mehr achterlich. Dadurch ist das Großsegel jetzt doch wieder im Wege, da es das Vorsegel verdeckt. Also ganz einholen und nur mit ganzer Genua (die hat bei uns gut 40 m²) geht es weiter. Nach den Problemen, die wir auf der Fahrt von Porto nach Lagos hatten, wollen wir (noch) nicht wieder Schmetterlingsbesegelung mit Bullenstander und Spi-Baum ausbringen. Etmal 124 sm.

6. Tag (Do, 13.12.2018): Schön langsam frischt der Wind auf, das Boot wird etwas unruhiger, aber ansonsten passt alles. Ein Segelyacht ist mit Wind von der Seite am schnellsten, kommt er vor-, oder achterlicher, wird es etwas langsamer. Bin zugegebener Maßen kein Meister des Setzens der richtigen Besegelung, aber die Variante nur mit Vorsegel wird wohl häufiger genutzt.

So haben wir zwar mehr Wind, die Geschwindigkeit bleibt aber nahezu unverändert bzw. sogar ein klein wenig niedriger, als wir mit Wind von der Seite hatten. Aber mit Etmalen von 120 sm sind wir beide sehr zufrieden. Etmal dann 124 sm.

7. Tag (Fr. 14.12.2018): Auch für heute sind wieder in den Böen bis zu 7 Bft. angekündigt, bevor es dann wieder etwas flauschiger werden soll. Es gibt also nichts zu verändern und wir genießen einen weiter zwar wackeligen, aber überwiegend sonnigen Tag. Etmal 119 sm.

8. Tag (Sa. 15.12.2018): Samstag geht es zum Tanzen denkt sich der Skipper. Der Wind lässt nach, die Etmale scheinen sich auf unter 120 sm zu zu bewegen. Laut Vorhersage sollen es die nächsten Tage „nur noch“ 4 bis 5 Bft., bzw. in Böen 5 bis 6 Bft. werden. Doch wieder mit Schmetterling (Großsegel auf die eine, Vorsegel auf die andere Seite). Langsamer werden ist doof, also dann.

Bullenstander an der Baumnock des Großbaumes befestigt, aufgefiert und den Bullenstander fixiert. Sieht doch gut aus und eigentlich auch ganz sicher. Irgendwie ja doch noch immer die Angst dabei, der Großbaum könnte sich wieder verbiegen.

Nachdem beim oben erwähnten Ereignis damals der Spi-Baum mit hohem Bogen über Bord flog, hatte ich mir geschworen, diesen nur zu setzen, falls das Vorsegel mangels Windes zu sehr zu schlagen beginnt, also bei max. 10 Knoten Wind.

Wie das so ist mit Vorsätzen. Schon wieder vergessen und bei 15 Knoten Wind und knapp 3 m einigermaßen ruppiger Welle versucht, das Vorsegel aus zu baumen. Leider kommt die Luna Mare immer wieder zu sehr in den Wind, was dessen Geschwindigkeit hochtreibt und den kleinen Fetzen Vorsegel, der rausragt, kräftig in Schwingungen versetzt.

Und damit mich, der versucht, trotz der ruppigen Bewegungen des Spi-Baumes diesen nicht aus der Hand zu geben. Wer weiß was der demoliert, oder wohin er verschwindet. Nach einer kurzen Tanzeinlage, während der wir das Vorsegel raus lassen um es in Position zu bringen, hat der Spi-Baum Mitleid mit mir und löst sich vom Vorsegel.

Das Vorsegel flattert nun in seiner ganzen Pracht und wickelt sich verkehrt herum um das Vorstag, wo es einigermaßen um sich schlägt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dabei hämisches Lachen zu vernehmen.

Die Skipperin manövriert die Luna Mare geschickt vorm Wind hin und her, so dass sich das Vorsegel wieder ausrollen kann. Ich versuche das mit allen Kräften vorne am Vorstag zu unterstützen, indem ich an den Vorschoten ziehe, sobald sich das Vorsegel in die richtige Richtung bewegt.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ist das Vorsegel wieder in der richtigen Position. Ich merke meine fehlende Fitness, fühle ich mich doch so schlapp, wie früher nur nach einem Marathonlauf. Mit letzter Kraft verstaue ich den Spi-Baum wieder in seiner Halterung und kehre kraftlos ins Cockpit zurück.

Ich erinnere mich an meinen Vorsatz (kein Ausbaumen bei mehr als 10 kn Wind) und es zeigt sich, dass es auch so geht. Wir segeln jetzt also Schmetterling und können so trotz des etwas nachlassenden Windes die Etmale halten. Heutiges 121 sm.

9. Tag (So, 16.12.2018): Weiter geht es als Schmetterling bei rund 10 bis 15 kn Wind. Die Wellen weiterhin ruppig, machen noch kein gemütliches Segeln aus dem Ganzen. Immer wider schlägt eine mit lautem Donner gegen den Rumpf bzw. verschiebt diesen und wirft die Luna Mare aus der Bahn. Das führt dazu, dass Groß- und Vorsegel gelegentlich flattern, bzw. ebenfalls einen lauten Knall verursachen.

Es sieht aber so aus, als würden diese zwar beansprucht, aber nicht über Gebühr strapaziert. Wollen wir mal hoffen, dass ich die Lage richtig beurteile. Allerdings lösen sich die Nähte für den UV-Schutz. Mal sehen, ob wir die selbst wieder erneuern können, oder ob wir einen Segelmacher benötigen.

Abgesehen davon, dass der Schlaf ob der ruppigen Bootsbewegungen nicht 100% toll ist, verlaufen die Nächte sehr angenehm. Hier auf hoher See (mittlerweile rund 1.000 sm von den Kapverden entfernt und noch 1.200 sm bis nach Antigua), ist absolut nichts los. Zwei Tanker/Frachter in großem Abstand, das war es in 9 Tagen.

Das erlaubt es uns während der Wache auf unserem „Wachposten“

zu liegen und mittels Unterstützung des Weckers alle spätestens 30 min. mittels Rundblick die Lage sondieren und den Kurs des Autopiloten zu prüfen. Meist öfter, da der Seegang eh kaum Schlaf auf dieser „Pritsche“ zulässt. Da absolut nichts los ist hat man aber den Eindruck, man könne eigentlich die ganze Nacht durch schlafen, sofern es der Seegang zulassen würde.

Wir wollen aber nicht leichtsinnig werden. Zumal der Kurs immer mal überprüft und der Autopilot ggf. nachgestellt werden muss. Und vor allem, die sogenannten Squalls. Dunkle schwarze Wolken, die bis zur Meeresoberfläche reichen und bis 40 kn Wind und jede Menge Wasser mit sich bringen können. Von denen sollte man sich nicht im Schlaf überraschen lassen. Etmal 115 sm.

10. Tag (Mo, 17.12.2018): Heute morgen regnet es etwas. Eigentlich nichts besonderes, es handelt sich aber um den ersten Regen seit Galizien, also seit rund 8 Monaten, den wir erleben. Tut der Luna Mare gut, ist aber nur von kurzer Dauer.

Frischen Fisch wird es auf dieser Überfahrt definitiv nicht geben. Wir hatten die Angelleine über Nacht draußen und beim Blick darauf heute morgen erscheint diese verwickelt. Das bestätigt sich nach dem Einholen. Sie ist so verwickelt, dass sie nicht mehr entzwirbelt und eingesetzt werden kann. Jetzt kann ich ja sagen: Hätten wir eine funktionsfähige Angel gehabt, hätten wir bestimmt etwas gefangen ;-). Nachtrag: ein sogenannter Wirbelschäkel hätte das wohl verhindert. Ständiges dazu lernen.

Dann fällt mal wieder der Autopilot aus. Skipperin schnell ans Ruder und ich prüfe, was los sein könnte. Die Meldung „AP erhält keine Richtungsdaten“ könnte mit dem Kompass zu tun haben, der speziell für den Autopiloten vorhanden ist, ein sogenannter „Flux-Kompass“. Nachdem ich kürzlich den ausgefallenen Windmesser durch Ab- und Anschrauben des Netzwerkkabels „reparieren“ konnte, der gleiche Versuch hier. Und er funktioniert wieder.

Dann mussten wir noch die Vorschot an der Backbordseite, die aktuell die Genua hält, austauschen, da sie an einer Stelle kurz vor der Befestigung am Schothorn der Genua zu brechen droht. Aktuell hat es etwas abgeflaut, aber sicher ist sicher.

Tja, und dann haben wir Bergfest. Mit rund 1.100 sm (gut 2.000 km) haben wir die erste Hälfte der Strecke in gut 9 Tagen hinter uns gebracht. Lief bis auf ein paar Kleinigkeiten einwandfrei. Mal schauen, wie die zweite Hälfte wird. Etmal 119 sm.

11. Tag (Di.18.12.2018): Der Autopilot hat mal wieder keine Lust und schaltet sich aus. Er bekäme keine Ruderrückmeldung. Das deutet darauf hin, dass die Kohlebürsten wieder so viel Kohlestaub erzeugt haben, dass die Kontakte unterbrochen sind. Also in das enge Karbüff klettern, die Bürsten herausfingern und mit einem kleinen Staubsauger versuchen, den Kohlestaub aufzusaugen. Danach bin ich schweißgebadet, aber der AP tut es wieder. Mal sehen, was ihm morgen einfällt.

Das gibt uns aber die Gelegenheit, etwas selbst zu steuern und die Windfahne mal zu testen. Tut es auch immer wieder für ein paar Minuten, aber dann verliert sie den Kurs, oder das Großsegel (mit Bullenstander) steht back und wir müssen wieder eingreifen. Noch nicht das gelbe vom Ei. Etmal 122 sm.

12. Tag (19.12.2018): Morgens mit Sonnenaufgang meine üblichen Rituale. Frühstück während die Skipperin sich noch schlafend von der Nacht erholt. Herrlich mit einer Tasse Kaffee und belegtem Brot im Cockpit den beginnenden Tag zu genießen. Wetterbericht für die nächsten zwei Tage einholen. Etwas Spanisch lernen. Positionsmeldung für unsere Homepage absetzen.

Mit dem Wetterbericht kam noch eine weitere Nachricht. Naila Sarah, unser dann viertes Enkelkind, ist etwas lustlos, was den Eintritt in den kalten Winter in Deutschland betrifft. Aber morgen soll es soweit sein.

Wir sind schon ganz aufgeregt und drücken den Eltern und natürlich Naila Sarah die Daumen, dass alles einwandfrei läuft. Sie wird sich sicherlich vom ersten Moment an bei ihren tollen Eltern ausgezeichnet fühlen. Mir müssen uns noch etwas gedulden, bis wir die drei dann im Mai auf Kuba sehen werden. Etmal 132 sm

13. Tag (20.12.2018): Nach dem Frühstück Wetterbericht anfordern und da ist die Nachricht aus Deutschland. Noch am selben Abend, also dem 19.12., um 23:00 Uhr hat Naila Sarah das Licht der Welt erblickt. Das macht uns beide sehr glücklich.

Schön auch, dass wir weiterhin gut vorankommen. Etmal 123 sm

14. Tag (21.12.2018): So macht das Spaß. Schönes Wetter, guter Segelwind, so dass Luna Mare, unser fat boy, für seine Verhältnisse ganz gut vorankommt. Etmal 128 sm

15. Tag (22.12.2018): Zu früh gefreut. Der Wind wird schwächer und dreht häufiger seine Richtung. Kommt dann teilweise wieder etwas nördlicher, so dass wir die Schmetterlingsbesegelung aufgeben müssen und beide Segel nach Backbord nehmen. Sobald der Wind wieder nach Ost dreht, zurück in die Schmetterlingsbesegelung. Etmal 117 sm

16. Tag (23.12.2018): Schön langsam wird es etwas nervig. Oder waren wir von den ersten zwei Wochen nur zu sehr verwöhnt. Der Wind weiterhin unbeständig, was die Windstärke (wechselt schnell mal von < 10 kn auf > 20 kn) und Windrichtung betrifft. Die häufigeren Segelmanöver und die auf Grund der Böen verkleinerte Segelfläche machen uns etwas langsamer. Etmal 113 sm

17. Tag (24.12.2018): Der bisher besinnlichste und geruhsamste heilige Abend unseres Lebens, zumindest ab dem vermutlich 3. Lebensjahr. Die Essgewohnheiten sind da ja unterschiedlich, in manchen Gegenden Würstchen mit Kartoffelsalat. Haben aber keine Würstchen. So gibt es Rinderroulade aus der Dose. Keine Geschenke, nicht mal passenden Wind. Deshalb Etmal „nur“ 113 sm.

18. Tag (25.12.2018): Zu Beginn es 18. Tages sieht es noch ganz gut aus, allerdings ziehen immer noch laufend Regenwolken durch, die etwas stärkeren Wind mit sich führen. Das bringt weiterhin etwas Arbeit mit der Segelführung.

Es beginnt spannend zu werden. Bei Sonnenuntergang haben wir noch 110 sm bis Jolly Harbour vor uns. Bei einem Schnitt von rund 5 kn würden wir am 19. Tag noch vor Sonnenuntergang ankommen.

Für’s erste macht uns aber das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Es bleibt nämlich regnerisch und böig. Bei teils mehr als 20 kn Wind reffen wir wieder. Da der Wind zudem noch etwas schwankt und auch der Autopilot nicht den direkten Kurs halten kann, schlägt das Vorsegel. Also nehmen wir es weg und segeln mit dem Großsegel im ersten Reff durch die 18. Nacht.

Es ist der erste Abend seit langem, an dem ich nicht in T-Shirt und kurzer Hose im Cockpit Nacht und Sternenhimmel genießen kann, da zu kalt und regnerisch. Und das kurz vor der Karibik.

Nach Sonnenaufgang haben wir noch 52 sm vor uns (hatte befürchtet, nur mit Großsegel im ersten Reff könnten es deutlich mehr sein) und rund 12 h bis Sonnenuntergang. Das könnte also weiterhin reichen. Der Wind ist jetzt schwächer und konstanter. Also die Besegelung, mit der es bei Wind von hinten am schnellsten gehen müsste: Schmetterling.

Großsegel nach Steuerbord, mit Bullenstander gesichert. Vorsegel in voller Größe ausgebaumt (ja, haben uns wieder getraut den Spi-Baum einzusetzen) an Backbord. Wir machen tatsächlich rund 5 kn Fahrt bei knapp 10 bis knapp 15 kn Wind. Das würde passen. Letztes Etmal mit 109 sm trotzdem allerdings unser schlechtestes bisher.

19. Tag (26.12.2018): Um 10 Uhr beginnt der 19. Tag im Sinne diesen Berichtes. Es liegen noch 33 sm vor uns. Sieht weiterhin so aus, als könnten wir zwischen 17 und 18 Uhr ankommen. Es ist auch wieder sonnig, warm und trocken. Am Horizont können wir bereits seit heute morgen Antigua erkennen.

Stündlich kontrolliere ich nun unseren Fortschritt, also die verbleibende Strecke in Relation zu unsere Fahrtgeschwindigkeit. Geht leicht unter 5 kn, aber es zeichnet sich ab, dass wir es bis 17 Uhr schaffen könnten (Sonnenuntergang 17:40). Würde passen und wir können vielleicht sogar einklarieren.

Die letzten 6 sm müssen wir den Kurs von West auf Nord ändern, Richtung Jolly Harbour. Keine Experimente. Wir holen die Segel ein um den Rest der Strecke unter Motor zurück zu legen. Der Wind zieht noch mal kräftig an, segeln wir ja jetzt nicht mir mit Wind von hinten, sondern seitlich bis vorne.

Wir erreichen die Tonnen, die uns den Weg zeigen. Hier sind die im Gegensatz zu Europa „ausgetauscht“, die rote nunmehr rechts, die grüne links. Sie zeigen uns den Weg zur Jolly Harbour Marina. Über Funk versucht uns anzumelden, keine Reaktion. Also auf eigene Faust einen Platz gesucht.

Vom ersten wurden wir wieder vertrieben (längsseits am Steg für die Charterboote). Die Person war aber genau so schnell wieder verschwunden wie sie aufgetaucht war. Also in eine Box in der Nähe verhohlt. Von Stegnachbarn erfahren wir, dass die Marina seit 14 Uhr geschlossen ist, Boxing Day, also 2. Weihnachtsfeiertag.

Und Zoll/Immigration ist nicht direkt hier, sondern ein paar Meter weiter entfernt. Da es aber mittlerweile gegen 18 Uhr geht verschieben wir das einklarieren auf den nächsten Tag.

20. Tag (27.12.2018): In der Marina Hallo gesagt. Anmelden. Frage nach den Papieren von Zoll/Immigration. Haben wir noch nicht. Das geht gar nicht, erst einreisen, dann in die Marina. Es ist nicht erlaubt, am Dock festzumachen, bevor man Zoll und Immigration erledigt hat.

Also die rund 15 Minuten zu dem gelben Gebäude mit der gelben Flagge. Eigentlich hätten wir auch dort an einem Steg festmachen können. Wussten wir aber nicht. Der Zollbeamte will dann wissen, wo die Luna Mare liege. Ehrlich wie ich bin: in der Marina. Er wies dann auch nochmal darauf hin, dass dies verboten wäre. Hatte aber keine Konsequenzen. Fragen nach: Waffen-nein, Drogen-nein…. hat er sich dann fast selbst beantwortet.

Dann noch zur Immigration, also Einreisebehörde oder wie man das auf deutsch nennt, Stempel in den Reisepass und nebenan noch eine Cruising Permit abgeholt. Jetzt sind wir hier. Dürfen 3 Monate bleiben und momentan in erster Linie den Regen genießen. Uns wurde aber schon versichert, dass es sich nur um ein durchziehendes Tiefdruckgebiet handelt und anschließend wieder schönes Karibik Wetter zu erwarten wäre.

Obwohl es keine großen Schäden gab, haben wir bereits wieder eine ordentliche to-do-Liste, die es abzuarbeiten gilt. Wichtiger aber ist es, zu realisieren, dass wir es in die Karibik geschafft haben und vor allem die Tage hier zu genießen.

Thema: Gefahren beim Segeln. Heute: Der Skipper in der Pantry.

Wenn man beim kochen keine Hand frei hat und eine ruckartige Bewegung des Bootes mit dem Kopf abfangen möchte, gibt es eine unschöne, stark blutende Kopfverletzung. Aber die Skipperin hat die Wunde hervorragend behandelt.

Schwach am Horizont zu erkennen: Antigua
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