Abwechslungsreich nach Lanzarote

Wie im letzten Blog erwähnt, hatten wir mit Aziz noch sehr netten Besuch. Habe mich sehr darüber gefreut. Er hat uns auch ein Geschenk mitgebracht:

Im Falle einer Havarie müssen wir jetzt nicht mehr in die schaukelige Rettungsinsel, sondern können uns mit dem fliegenden Teppich in Sicherheit bringen. Danke Aziz!

Jetzt soll es aber weitergehen, nächstes Ziel Kanaren, genauer Arrecife/Lanzarote. Der Wetterbericht nicht perfekt, teils Wind gegen an, teils schwachwindig, aber zumindest kein Starkwind in der Vorschau. Und da es die nächsten Tage nicht besser wird: klar zum Ablegen.

Kurs abgesteckt, 430 sm. Insgesamt waren es dann inklusive 60 Bonusmeilen fürs Kreuzen 490 sm, für die wir ziemlich genau 5 Tage benötigten.

Anfangs noch schönes Segeln, müssen wir nach einigen Stunden mangels Wind den Motor starten, 6 Stunden später Motor aus und Segel gesetzt, na immerhin so 3 bis 4 kn Fahrt um dann wiederum rund 6 Stunden später wieder den Motor anzuwerfen.

Skipperin: Wir werden angefunkt. Wer soll uns hier anfunken. Aber tatsächlich, wir werden über Funk gerufen. Wer auch immer teilt uns mit, wir sollen gefälligst 3 sm Abstand zur Marokkanischen Küste einhalten. Kein Problem, ohnehin unter Motor und knapp 3 sm von der Küste entfernt, wird gemacht.

Ein paar Stunden später wieder ein Funkruf an Luna Mare: „We are the war ship at your starboard side“. Tatsächlich, da ist ein Kriegsschiff in einiger Entfernung. Jetzt sollen wir einen Abstand von 4 sm zur Küste einhalten. Vielleicht hatte ich vorhin irrtümlich 3 statt 4 verstanden, aber egal. Machen wir halt. Obwohl ich es schon irgendwie als schade empfinde, so aus dem wundervollen Land hinauskomplementiert zu werden.

Nach der ersten Nacht frischt der Wind etwas auf, allerdings kommt er von Südwest, also aus der Richtung, in die wir wollen. Schon startet das Kreuz mit dem Kreuzen. Wie vorhergesagt dreht der Wind aber im Laufe des Tages auf Nordwest bis Nord, so dass wir gut 12 Stunden später wieder auf direkten Kurs gehen können.

Der Wind ist sehr variabel, mal kaum welcher vorhanden, dann geht es wieder hoch auf Windstärke 5 bis 6, was uns zum Reffen ermuntert.

Dann am Abend des zweiten Tages verabschiedet sich der Autopilot mit der lapidaren Meldung: Keine Ruderrückmeldung. Jetzt rächt es sich, dass wir unsere Aries Windsteuerung zwar vor 8 Monaten haben montieren lassen, diese aber nie in Betrieb nahmen. Versuche es jetzt zu tun scheitern, da die Notpinne, über die die Windfahne arbeiten soll, noch etwas angepasst werden muss, damit sie passgenauer sitzt.

Also die restlichen 270 sm bzw. 3 Tage von Hand steuern. Das ist insbesondere bei stark böigen Winden mit erheblichem Aufwand verbunden und jede Unachtsamkeit innerhalb der jeweiligen 3-Stundenschicht wird mit einer Patenthalse bestraft. Also höchste Konzentration. So gibt es fast ausschließlich 3 Stunden steuern, 3 Stunden schlafen, 3 Stunden steuern… und das, was das steuern betrifft, für 36 Stunden pro Person. Nicht ohne.

Es war dann während der 3. Nacht beim Wachwechsel. Mit müden Augen schaue ich auf den Plotter: 15 kn Wind, 1 kn Fahrt? Da passt was nicht. Skipperin sagt, das wäre seit ca. einer halben Stunde so, wollte mich aber nicht wecken. Schon lieb von ihr, aber jetzt mal schauen was da los ist.

Schleppen wir was mit uns? Haben wir uns hier draußen bei rund 2000 m Tiefe in einem Fischernetz verfangen? Was nun? Bei unserer Rumpfform kann sich eigentlich nichts so richtig verfangen, vorne schräg und Propeller und Ruder gut geschützt.

Mir fällt nichts besseres ein als Motor starten und Gas geben. Es macht „Pling“ und die Luna Mare nimmt wieder ungehindert Fahrt auf. Was war das denn? Keine Ahnung.

Ein paar Stunden später die selbe Situation. Die Geschwindigkeit unter Segel bei > 10 kn Wind geht auf 1 bis 2 kn runter. Blick nach hinten. Es scheint ein Tau oder so was ähnliches vom Boot weg zu gehen. Mit etwas Abstand folgt uns ein Plastikkanister und weiter hinten blinken zwei Lichter, eins schräg rechts, das andere schräg links hinten. Nicht nur das wir langsam sind, auch das Heck wird deutlich nach unten gezogen, so dass die Badeplattform immer wieder gewässert wird. Haben wir irgend eine Absperrung in der Dunkelheit mitgenommen?

Solche Absperrungen werden aber üblicherweise in sogenannten „Nautischen Warnungen“ kundgetan und meist ist noch ein Sicherungsboot in der Nähe, welches einen über Funk warnt, sofern man sich dem Sperrgebiet nähert. Laut NAVTEX-Nachrichten gibt es aber für das Gebiet, in dem wir unterwegs sind, explizit keine Warnungen, oder Sperrgebiete.

Hat man die einfach vergessen wieder weg zu machen? Wieder Motor an, Gas geben und „Pling“, Luna Mare nimmt wieder Fahrt auf. Banger Blick zu den Blinklichtern. Diese entfernen sich peu à peu. Und Glück bei der Sache, dass sich nichts im Propeller verfangen hat, oder gar das Ruder beschädigt wurde. Sobald die Luna Mare das nächste Mal an Land ist (ist noch für Lanzarote vorgesehen) wird auf Detailschäden geprüft.

Ohne weitere „Fangleinen“ geht es dann weiter, überwiegend unter Segel, immer mal wieder mit Motor. Am Morgen nach der 5. Nacht erreichen wir Lanzarote und ein paar Stunden später machen wir in der Marina Lanzarote fest. Einklarieren, Anleger (analog Kris Kristoffersons Liedtext aus „Sunday Mornin‘ Comin‘ Down“: the beer I had for breakfast wasn’t bad, so I had one more for dessert) und ab in die Koje. Gegen Abend dann duschen und einkaufen fürs Abendbrot.

Hurra, wir sind auf den Kanaren angekommen.

Mittlerweile sind wir bereits seit einer Woche hier. Das Wetter ist nahezu hervorragend, immer so um die 20° bis 25° Celsius, also angenehmes T-Shirt-Wetter, ohne dass es zu heiß wird. Nächte noch erträglich kühl. Zeit zum Arbeiten. Arbeiten?

Habe einen Fehler gemacht und eine neue to-do-liste angelegt. Plötzlich tönt es aus allen Ecken: ich will auch auf die to-do-liste. Und schon haben wir wieder über 20 Punkte, die erledigt werden wollen. Aber es bleibt genügend Zeit in der Sonne zu liegen, für Spaziergänge, Einkäufe und laue Abende bei einem Glas Wein im Cockpit.

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