Ins wundervolle Polen geschleppt

Heute haben wir einen gemütlichen Samstag (wir schreiben den 1. Juli) eingeplant. Morgen wollen wir weiter und da wir ab jetzt Richtung Westen müssen, also in die Richtung, aus der hier üblicherweise der Wind weht, gilt es zu planen. Klaipeda liegt da jetzt nicht mehr so günstig, also direkt nach Polen, Leba, oder Wladyslawowo.

Die Strecke im Wetterprogramm eingegeben und die Verhältnisse auf der Strecke bezogen auf eine angenommene Abfahrtzeit geprüft. Sieht ok aus, aber zum Ziel hin müssen wir hart am Wind segeln (= Wind ziemlich von vorne, was ein etwas schwereres/unruhigeres Segeln bedeutet). Abfahrtzeiten angepasst und siehe da, falls wir heute noch starten, haben wir Anfangs Nordwind und erst gegen Ende hin Wind aus West.

Also los geht es. Den Nordwind genutzt um erstmal Richtung Westen zu segeln (Kurs 234°) und dann später mit einem südlichen Kurs (192°) auch noch bei Westwind voranzukommen. Guter Plan.

So kamen wir gut voran, etwas langsamer als geplant, aber Sonntag früh konnten wir dann den Kurs auf die o.g. 192° ändern. Noch rund 70 sm. Wir kommen also ca. 21 Uhr in Wladyslawowo an. Passt also.

So gut 30 sm vorm Ziel taucht eine Bohrinsel auf. Etwas links davon ein Tanker. Dachte, da komme ich gut zwischendurch, bis ich per Funk aufgefordert wurde, die „restricted Area“ zu meiden und Kurs 180° zu nehmen. Ok, gemacht, aber schade, da wir hier Höhe verlieren, wir also noch stärker Kurs in die Windrichtung nehmen müssen. Da wusste ich noch nicht, dass der richtige Frust erst beginnt.

Noch stärker in die Windrichtung heißt noch mehr Schräglage und so sehen wir mal wieder Wasser im Boot. Schnell war die Ursache klar, unsere Fenster sind undicht. So ein Mist. So wie es aussieht sind alle 8, die war haben, davon betroffen. Nachdem immer mehr Wasser reinkam (wir mussten schon die Bilgepumpe einsetzen um die Bilge zu leeren) der Entschluss, die letzten 30 sm unter Motor zurück zu legen. Dabei liegt das Boot nicht so schief, dann kommt auch nicht so viel Wasser durch die Fenster rein.

Wenn mich etwas stört, dann ist es die Fortbewegung unter Motor. Der Lärm des Motors und auch die mit der Benutzung verbundenen Kosten. Geht aber halt nicht anders. Nach 3 Stunden dachte ich, lies ein wenig, das lenkt ab. Kaum hatte ich ein paar Seiten gelesen, ging der Motor einfach aus!

Ein wieder Anlassen war erfolglos, so trieben wir etwas ab und überlegten, was nun. Hier, 12 sm vor der Marina „rumtreiben“ macht keinen Sinn, also Wasser im Boot notgedrungen akzeptieren und abpumpen und mit Segel näher an die Marina rankommen. Vielleicht funktioniert der Motor dann ja wieder.

Pustekuchen, er sprang und sprang nicht an. Erste Idee war, den Hafenmeister anzufunken. Hat auch gleich geantwortet, ich schildere ihm unser Problem und das wir Schlepphilfe bräuchten. Mäuschenstille. Wie ich am nächsten Tag feststellen konnte, sind die nicht auf internationale Besucher eingestellt, er sprach nur Polnisch und hat das Gespräch insofern als beendet erklärt.

Dann über den Kanal 16 (der Kanal über den man Gespräche anbahnt, also zum Beispiel ein Schiff ruft um dann auf einen anderen Kanal zu wechseln, oder aber auch um Notruf abzusetzen) ein „Pan Pan“, also Hilfegesuch abgesetzt. Das hat dann geklappt, es wurde das Search and Rescue Boot (SAR = Seenotrettung) „Bryza“ aus der Marina Wladyslawowo zur Hilfe geschickt.

Tolle freundliche Crew, die uns am Sonntag nach 22 Uhr in den Hafen geschleppt hat und dort sicher an der Kaimauer vertäut hat. Echt Klasse Leute die Seenotretter.

Und wie es so ist, heute Montag früh Ursachenforschung und der Motor sprang direkt an. Der Motorenlieferant, den ich dann anrief, meinte, er kann sich auch nicht vorstellen was da war, eventuell meinte die Elektronik, dass der Öldruck zu niedrig sei. Kein gutes Gefühl, bei einem praktisch neuen Motor (60 Betriebsstunden) zu wissen, dass er versagen kann, aber nicht warum.

Vielen Dank nochmal an die SAR-Leute, hier unser Rettungsboot.

Dann ran an die Fenster. Am Besten neu verkleben, also ausgebaut, alten Kleber entfernt und mit neuem versehen wieder eingebaut.

Trocknen lassen und geprüft, ob dicht. Da verging mir das Lachen. Dachte ich habe hier was geschaffen, was für die Ewigkeit hält, jedoch nur Pfusch. War weiterhin undicht. Die Skipperin hat gegoogelt, das einer einfach Sika-Flex (Klebe-/Dichtstoff) um den Rand macht. Also das versucht und siehe da, dicht.

Wir hatten nur eine Seite bisher bearbeitet, da wir den Steg nur auf einer Seite haben. Heute (mittlerweile Mittwoch) früh dann, nachdem einige Boote die Marina verlassen haben, umgeparkt. Jetzt die Fenster nicht mehr ausgebaut, sondern nur den Rand „versiegelt“. Morgen bevor es weitergeht wird auf Dichtigkeit geprüft. Sollte dann für längere Zeit kein Blogeintrag mehr folgen, liegt das an dem Frust der entstehen würde, falls das Ganze weiterhin undicht wäre.

 Was gibt es über Wladyslawowo zu sagen.

Eigenartig hier irgendwie. Eine eigentlich ganz normale Stadt, halt am Wasser liegend, sind hier jede Menge Leute unterwegs. Sogar hier im Hafen, der ja weitestgehend ein nicht sonderlich ansehnlicher Fischerhafen ist, sind einige Verkaufsstände und jede Menge Leute unterwegs. Das scheint hier ein Urlaubsort zu sein, basierend auf Vergnügungspark und etlichen Verkaufsständen, die reihum zu finden sind. Schon ein spezielles Urlaubsambiente.

Ausflug nach Gdansk/Danzig.

Bitte noch nicht einschlafen ob der Länge des Blogs. Eins muss ich noch loswerden.

Zur Aufbesserung der Stimmung wollen wir Danzig besuchen, soll ja eine ganz tolle Stadt sein. Die für die Landnavigation zuständige Skipperin drängte schon, um 12:59 geht laut Fahrplan, den wir gestern beim Flanieren abfotografiert haben und unterstützt durch Internet-Recherchen der Zug, der uns in rund einer Stunde nach Danzig bringt.

Am Bahnhof zwei lange Reihen am Schalter. Einer stellt sich in die eine, der andere in die andere. Noch zehn Minuten bis zur Abfahrt, das klappt nie. Stellte sich aber heraus, das einige dieses Doppelt-Anstellen machten, so ging es dann doch schneller. Um 12:57 hatten wir die Fahrkarten. Die Dame am Schalter erwähnte noch „Abfahrt 13:26“!?! Stellte sich heraus, die Skipperin hat das kleingedruckte nicht gelesen. Da stand „fährt nur Samstag und Sonntag“.

Macht ja nichts, halb so schlimm, halt eine halbe Stunde warten. Zug war pünktlich und wir dann um kurz nach halb drei in Danzig. Jetzt einen Happen essen, da der Hunger nagte und dann die wundervolle Stadt besichtigen.

Pustekuchen. Die Landnavigatorin hatte sich keine Gedanken über die Rückfahrt gemacht. Also vor Ort informiert. Nächster und einziger Zug heute zurück in etwas mehr als einer Stunde! Lange Schlange am Fahrkartenschalter (Automaten gibt es nicht, anscheinend stehen die hier genau so gerne an wie man es den Engländern unterstellt).

Blieb uns mit der Rückfahrkarte in der Hand eine Stunde um chick äh chicken essen zu gehen und dann zurück zum Bahnhof und mit umsteigen nunmehr knapp zwei Stunden zurück nach Wladyslawowo.

Für den der es bis hierher durchgehalten hat (Respekt) hier noch unsere dürftigen Gdansk-Impressionen:

 

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