Noch lässt der Wind zu Beginn des 26. Tages auf sich warten. Der noch vorhandene Rest verschwindet sogar gänzlich und wir müssen mal wieder die Segel einholen, da das Schlagen nur Lärm und Verschleiß verursacht, uns aber nicht wirklich voran bringt.
Laut Wetterbericht soll der Wind gegen Abend zunehmen und während der Nacht bei 15 – 20 kn liegen und seitlich kommen. Tut er dann auch, allerdings etwas vorlicher als vorgesehen. Das gibt etwas Schräglage während der Zubereitung des Abendessens (von gestern übrig gebliebenem Kartoffel-Chorizo-Auflauf als Suppe ergänzt um grünen Spargel aus der Dose) und auch beim "Ritt" in die Nacht.
In der Dämmerung begleiten uns noch ein paar Delfine und nach einem über die meiste Zeit wolkenverhangenem Tag klart es jetzt auf. Leider zu spät für die Solarzellen zum Batterie laden.
Der Wind wird noch etwas stärker und steigert sich auf 20 bis 25 kn, die eine oder andere Böe auch mal darüber. Nachdem der Wind die letzten Tage aus unterschiedlichen Richtung kam, haben wir eine sehr konfuse See, die zu äußerst ruppigen Bewegungen an Bord führt. Dazu noch eine ordentliche Schräglage.
Richtig toll schlafen kann man dabei nicht. Muss aber doch mal eingedöst sein, den das Rufen der Skipperin weckt mich.
Paul komm, komm schnell, das Segel ist gerissen. Nein, das darf nicht wahr sein. Versuche, bei den ruppigen Bedingungen aus der Koje zu kommen. Es ist jetzt 22:30 Uhr.
Ich befürchte zunächst, das Großsegel wäre betroffen, was mangels adäquaten Ersatz eine Katastrophe wäre, bei über 2.700 sm, die jetzt noch vor uns liegen.
Aber es ist unser großes Vorsegel. Es ist allerdings nicht in sich gerissen. Über dem Vorstag (Stahlseil von ganz vorne zur Mastspitze) ist ein Aluminiumrohr gestülpt mit einer Nut. In diese Nut wird das Vorsegel eingeführt (eine Art Rolle am Vorliek in der Stärke einer dünnen Zigarette) und hochgezogen.
Die Verbindung dieser "Rolle" mit dem Segel ist auf ganzer Länge gerissen. Die "Rolle" selbst ist noch in der Nut und die gut 40 qm Segel flattern im Wind.
Dank Decksleuchte haben wir trotz Dunkelheit ausreichend Licht um gemeinsam das Vorsegel zu bergen. Das gelingt relativ gut und schnell.
Für stärkeren Wind haben wir am sog. Kutterstag bereits ein kleines Segel bereit gelegt. Das können wir nun zügig setzen. Nach rund einer Stunde ist die nächtliche Aktion beendet.
Hätten wir dieses schon früher setzen sollen? Im Nachhinein betrachtet sicher ja. Aber muss so ein Vorsegel nicht Windstärke 5 bis 6 ab können, auch ungerefft? Passiert das öfter, das es an dieser Stelle reißt?
Auf alle Fälle ist unsere schöne große Genua jetzt ein Totalschaden. Das gibt ein Loch im Budget, denn versichert gegen so was sind wir nicht.
So geht es nun doch deutlich langsamer durch die Nacht. Weiterhin ruppig, aber natürlich mit deutlich weniger Schräglage. Nachdem sich der Adrenalinspiegel etwas gesenkt hat, finden wir doch noch etwas Schlaf.
Wir haben noch ein weiteres Vorsegel an Bord. Ungefähr halb so groß wie das gerissene, aber größer als das, welches wir momentan am Kutterstag führen. Wir hatten es schon mal ausgebreitet, begutachtet und ausgemessen, bisher aber noch nie im Einsatz. Hoffentlich gibt das keine negative Überraschung.
Nach Sonnenaufgang zerren wir dieses Segel raus aus seinem engen Lagerplatz. Setzen es aber noch nicht. Zum einen machen wir mit dem kleinen Vorsegel bei jetzt 15 bis 18 kn Wind immerhin über 3 kn Fahrt, aber vor allem, da es während des Tages wieder 20 bis 25 kn Wind geben soll.
Wir wollen also erst mal den Wetterbericht abwarten, den wir heute Mittag mit Beginn des 27. Tages einholen wollen. Danach entscheiden wir, mit welchem Vorsegel wir weiter machen. Mit dem kleinen Segel jetzt haben wir einerseits ein gutes Gefühl, andererseits benötigen wir damit vermutlich mindestens 5, statt 4 Wochen bis Hawai’i.
Drückt uns die Daumen, dass nicht noch weitere Schäden diesen Ausmaßes die nächsten Wochen hinzu kommen.
1.843 sm geschafft, 2.714 sm to go.
Birgitt Petermann-Habich sagte:
Die Daumen sind gedrückt!