Von Seward aus wollen wir etwas den Prince William Sound erkunden, bevor wir nach einem Stopp vor Cordova nach Südostalaska aufbrechen.
Der Sound bietet ausgezeichnete idyllische Ankerplätze. Dafür nimmt man den Wermutstropfen, dass es kaum Segelmöglichkeiten gibt und deshalb fast alles unter Motor zurück gelegt werden muss, gerne in Kauf.
Schöne sonnige Tage mischen sich mit regnerischen, trüben und kühlen Tagen. Bei zu viel Regen bleiben wir einfach einen Tag länger in einer Bucht.
Nach einigen Buchten erreichen wir die Esther Passage, von wo aus wir im Barry Arm einige Gletscher von etwas näher ansehen wollen. Das ist zugleich unser nördlichsten Punkt der bisherigen Reise (61° N) und Dank wunderschönem sonnigen Wetter wird das ein einmaliges Erlebnis. Zahlreiche Robben genießen das genau so wie wir.
Viel später hätten wir aber auch nicht hier sein dürfen. Die Gletscher scheinen auch hier deutlich weg zu schmelzen. Vor dreißig Jahren gab es hier wohl einiges mehr davon zu sehen.
Am frühen Nachmittag wieder zurück in die Esther Passage, um dort nochmal eine Nacht vor Anker zu verbringen. Danach geht es über weitere wunderschöne Ankerbuchten in den Südosten des Prince William Sound, nach Cordova.
Einer der zahlreichen Orte Alaskas ohne Straßenanbindung. Erreichbar mit der Fähre (im Winter zwei mal die Woche), oder per Kleinflugzeug welches auf einer Schotterpiste neben einem Bergsee landen kann. Das macht die Versorgung hier schwierig und extrem teuer.
Der Ort selbst ist klein, aber sehr ansehnlich. Schon ein etwas eigentümliches Gefühl, an einem Ort zu sein, der keine Straßenanbindung hat. Autos gibt es hier natürlich wie überall und trotz der geringen Entfernungen in der üblichen SUV/Pick-up-Größe. Pick-ups machen hier aber Sinn, da es für Fischer immer was zu transportieren gibt. Die hier haben oftmals einen kleinen Kran auf der Ladefläche um die Säcke mit den Netzen an Bord zu hieven.
Jetzt warten wir auf passendes Wetter, um unseren Weg nach Südostalaska fortsetzen zu können. Elfin Cove wird vermutlich unser erster Anlaufpunkt dort sein.
Am Nachmittag nach unserer Bärensichtung geht es dann weiter. Zur nächsten geplanten Bucht sind es etwas mehr als 80 sm. Da entschließen wir uns, durch die Nacht zu segeln. So heißt es um 14 Uhr „Anker hoch“.
Nach einem kurzen Stück unter Motor können wir sogar Segel setzen. Der Wind reicht aber nur für rund 30 sm. Dann geht es wieder unter Motor weiter, zur Home Cove.
Die Nächte hier sind immer noch nahezu durchgehend hell, richtig dunkel wird es nicht. Nach Sonnenuntergang um 23 Uhr erhellt die Dämmerung noch ganz gut den Himmel und bietet weiterhin relativ gute Sicht. Die Dämmerung verschwindet nie ganz, sondern wandert stattdessen von West über Nord nach Ost, wo dann um 5 Uhr bereits wieder die Sonne am Horizont erscheint.
Kurz vor Sonnenaufgang weckt mich die Skipperin. Wasser im Boot. Stellt sich glücklicherweise schnell heraus, dass es sich um Süßwasser handelt. Da hat sich ein Schlauch gelöst. Die Schlauchklemme ist an der nicht einsehbaren Rückseite auf Grund Rost auseinandergebrochen, blieb aber noch am Schlauch hängen. So konnte ich das Problem nicht rechtzeitig erkennen.
Das Ganze muss kurz nachdem wir den Motor starten passiert sein. Dadurch konnte die Wasserpumpe, die wir sonst hören würden, ungehört den noch vorhandenen Inhalt des Wassertanks mit rund 80 l ins Innere des Bootes pumpen. Dumm gelaufen, aber lösbar.
Die Home Cove ist etwas verwinkelt zu erreichen, was den Ankerplatz aber entsprechend idyllisch macht, da rundherum nun Hügel bzw. Berge zu sehen sind. Und durch die Lage ist er auch sehr Wind- und Wellengeschützt. So verbringen wir dort eine angenehme und ruhige Nacht vor Anker.
Am nächsten Morgen geht es weiter Richtung Northwestern Fjord. Dort soll es tolle Gletscher geben. Vor der Einfahrt in den Fjord kann man ankern. Kommen dort so um 16 Uhr an. Anker setzen. Geht nicht. Ankerwinsch macht keinen Mucks.
Hat sich die Winsch irgendwie verklemmt? Sieht so aus, den als ich diese löse, bewegt sie sich erst mal weiterhin nicht. Doch dann habe ich sie zu weit gelöst und 20 m Kette rauschen raus. 25 kg Anker, 20 m Kette, das sind dann vermutlich mehr als 50 kg. Die ohne Ankerwinsch wieder hochholen ist keine wirklich leichte Aufgabe.
Jetzt könnten wir natürlich so ankern, also die Kette ohne Winsch rauslassen, aber für die Wassertiefe wären 60m Kette erforderlich. Und die würden wir kaum wieder hoch bekommen.
Also neuer Plan, weiter nach Seward. Nochmal eine Nacht draußen. Trotz Müdigkeit klappt das aber ganz gut. Und die durchgehende Helligkeit hilft einem wach zu bleiben. Hier ist mit mehr Verkehr zu rechnen. Deshalb ist Wachsamkeit angebracht.
Am frühen Morgen um 4 Uhr erreichen wir Seward. Machen erst mal fest und legen uns schlafen. Nach ein paar Stunden zum Hafenmeister. Danach noch zur Tankstelle und einem Liegeplatz näher zum Hafenausgang.
Seward ist ein kleiner Ort, dessen „downtown“ im wesentlichen aus Restaurants, Touristeninfo und Souvenirläden besteht. Gibt aber auch Baumärkte mit Marineabteilung. Was für unser jetziges Leben halt eine wichtige Rolle spielt.
Die Lage des Ortes ist aber großartig. Am Ende des Fjords umgeben von Bergen, die teils noch Schneeflächen haben. Ein wirklich wundervoller Anblick. Neben Baumarkt gibt es mit „Safeway“ auch einen Supermarkt mit gutem Sortiment.
Die Marina selbst ist sehr ok und zur unseren großen Freude treffen wir hier Helen und Hansueli mit ihrer SY Dada Tux wieder. Die erste Begegnung war vor drei Jahren bei unserem Start in Warnemünde. Dann nochmal für etwas länger vor Cherbourg. Deren Weg hierher führte sie, die Karibik an Steuerbord liegen lassend, über Südamerika einschließlich Kap Hoorn. Unglaublich, welch unterschiedliche Strecken man segeln kann, um dann plötzlich wieder am selben Steg zu liegen.
Technik-Ecke:
Beim Überprüfen der Ankerwinsch hatte ich erst eine verklemmte Winsch und dann Probleme mit der Verkabelung vermutet. Es zeigte sich aber, dass die Batterie das Problem war. Ich hatte nicht bemerkt, dass eine ausgelöste Sicherung das Laden derselben verhinderte. Und hier, mit 60m Kette zum Ankern, hat sie natürlich Höchstleistung zu erbringen.
Wir haben mit 55 Ah eine für diese Zwecke ziemlich kleine Batterie, die bereits 8 Jahre auf dem Buckel hat. War beim Schiffskauf dabei. Jetzt gibt es vollgeladen nur noch kurze Zuckungen, bis die Voltanzeige bei Null ist. Konnten hier aber Ersatz finden und hoffen, dass die Neue ebenfalls so lange hält.
Jetzt aber genug der Worte, Bilder sollen sprechen:
Und weil der Bär so toll war, hier noch ein Video von diesem:
Insgesamt verbringen wir 5 Tage im Kodiak Harbor inmitten von Fischerbooten und einigen Fahrtenseglern, die von Hawai’i hierher gekommen sind.
Da die Fischerei noch nicht freigegeben ist, sind die Fischer noch mit Vorbereitungen an ihren Booten beschäftigt. Wir kümmern uns ebenfalls um unser Boot. Glücklicherweise gibt es diesmal nicht so viel zu tun.
Das mit dem Netzwerkkabel funktioniert wieder. Habe es ausgebaut, in der Annahme es erneuern zu müssen. Noch ein Test, in dem ich den Plotter am Innensteuerstand damit mit dem Netzwerk verbunden habe.
Keine Probleme. Den Plotter im Cockpit damit wieder angeschlossen. Ebenfalls keine Probleme. Keine Ahnung warum, aber egal, es funktioniert wieder. Kabel wieder ordentlich verlegt. Fertig.
Am Donnerstag den 9. Juli geht es dann weiter. Erst zur Tankstelle, dann zur Kitoi Bay, die rund 30 sm nördlich von Kodiak Harbor in der Afognak Island liegt.
Es ist überwiegend sonnig, schon seit drei Tagen. Im Schatten, oder auf See bei etwas mehr Wind, ist es kühl. Aber nicht so, dass man sich dick anziehen müsste, um nicht zu frieren. Und mit Sonne hat es in der Tat T-shirt Wetter. Herrlich.
Auf dem Weg zur Bay treffen wir auf zahlreiche Wale. Den Wasserfontänen nach zu urteilen mehr als ein Dutzend. Leider überwiegend weit weg und immer nur kurz mit ein wenig Rücken an der Oberflãche. Gelegentlich können wir auch deren Schwanzflosse bewundern.
Am Ende der Bay befindet sich eine Lachs Brutstätte. Dort werden in der Bay gesammelte Fischeier ausgebrütet und die Lachse dann mit einer Größe von ein paar Zentimetern ausgesetzt. Damit gelten sie als Wildlachse, wie uns zwei Mitarbeiter erzählen.
Es sind dort insgesamt 22 Mitarbeiter das ganze Jahr über beschäftigt. Versorgt werden sie von einem Wasserflugzeug, was für die Leute dort praktisch, aber nicht sonderlich günstig ist.
Die Bay ist voll von Lachsen. Den ganzen Abend über vollführen sie Sprungübungen, begleitet von einem relativ lauten Aufklatschen auf dem Weg zurück ins Wasser.
Seehunde beäugen uns vorsichtig aus ausreichend Abstand um dann geschwind wieder unter zu tauchen. Unter den zahlreichen Vögeln, die hier unterwegs sind, befinden sich auch Weißkopfadler.
Am nächsten Morgen lassen wir nach dem Frühstück unser Dinghy zu Wasser. Etwas die Gegend um Luna Mare herum erkunden. Und um Braunbãren zu erspähen.
Ist aber nicht. Zurück zur Luna Mare und dort noch Richtung Strand. Da die Sonne blendet, etwas näher ran, um in den Schatten zu kommen und damit bessere Sicht zu haben.
Da erschrecken wir ordentlich, als keine 10m von uns entfernt ein Braunbãr am Strand auftaucht. Da er andeutet, ins Wasser gehen zu wollen, lege ich erstmal den Fotoapparat zur Seite und nehme die Paddel in die Hand, um etwas Abstand zu gewinnen.
Hat er in der Tat nur angedeutet and promeniert stattdessen gemächlich den Strand entlang und verschwindet dann im Dickicht. Etwas später sehen wir ihn auf seinem ebenso gemächlichen Rückweg. Diesmal von Bord der Luna Mare aus, was ein besseres Gefühl der Sicherheit gibt. Ein wahrlich imposanter Anblick.
Bilder gibt es, sobald wir wieder "richtiges" Internet statt Satellit haben.
Ja, es ist geschafft. Nach 22 Tagen und 2.300 sm liegen wir vor Kodiak Island vor Anker. Der letzte Tag beschert uns nochmal ordentlich Wind mit etwas mehr als 20 kn. Die voraussichtliche Ankunftszeit wird immer früher und letztendlich setzen wir um die Mittagszeit den Anker.
Der Törn war in der Tat einer der besseren Art. Mussten wegen Windmangel leider rund 90 Stunden motoren, davon alleine 60 Stunden ab dem 29. Juni (Tag 18 von 22). Die Alternative, auf Wind zu warten, erschien uns hier zu gefährlich, da der Wind in dieser Gegend auch gerne mal stürmisch vorbei kommt.
Aber ansonsten hatten wir teils tagelang ausgezeichneten Segelwind, der nur gelegentlich die „Komfortmarke“ von 20 kn überschritten hat. Und sofern man nicht selbst am Steuer stehen muss, kann so ein Törn schon zum Genuss werden.
Der erste Eindruck von Alaska ist überwältigend. Wir haben super Massel mit dem Wetter. Sonnig mit ein paar Wolken und so mild, dass man im T-shirt im Cockpit sitzen kann. Unser Ankerplatz vor dem kleinen Ort „Old Harbor“ ist ein sehr ruhiger und geschützter, von Bergen eingerahmt. Idylle pur.
Hier bleiben wir aber nur für eine Nacht. Wir wollen weiter nach Kodiak Harbor. Laut Vorhersage sollen wir guten Segelwind haben. Diese kann aber anscheinend die lokalen Gegebenheiten nicht berücksichtigen. Vermutlich durch die Bergwelt hier wird es nichts mit dem Wind und es bleibt uns nur die Motorvariante, um nach Kodiak Harbor zu kommen.
Den ganzen Tag über Sonne pur aus einem wolkenlosen Himmel bei wiederum angenehmen Temperaturen. Der Motorlärm stört etwas, aber das Wetter und der Ausblick rundherum sind phänomenal. Die teilweise schneebedeckten Berge, die aus dem Wasser ragen, machen den Eindruck, als wären die Alpen geflutet worden und man könnte dort mit einem Boot zwischen den Gipfeln unterwegs sein.
Bei weiterhin schönstem Wetter laufen wir am Abend in Kodiak ein. Hier gibt es mit Safeway und Walmart gute Versorgungsmöglichkeiten. Die weitere Reise bis nach Südostalaska, wo wir im Laufe des August die Hauptstadt Kanadas Juneau und den evtl. Winterliegeplatz Ketchikan erreichen wollen, bietet da nicht mehr viele Möglichkeiten.
Eine davon wird noch Seward sein, von wo aus wir den Prince William Sound mit seinen zahlreichen Gletschern und Wildtieren erkunden wollen. Ende Juli, spätestens Anfang August soll es dann noch Südostalaska gehen. Elfin Cove wird dort wohl der erste Ort sein, den wir anlaufen wollen.
Sonnenuntergang ist hier aktuell um 23 Uhr, Sonnenaufgang um 5 Uhr. Dazwischen Abend- und Morgendämmerung. So richtig dunkel wird es zu keiner Zeit. Mit einem kalten Getränk verbringen wir den Abend im Cockpit, der eine oder andere kurze Plausch mit einem Fischer, der an der Luna Mare vorbeikommt.
Ich liebe diese nordischen Tage mit Licht quasi rund um die Uhr. Schwierig ist es nur, bei dieser Helligkeit den wundervollen Abend im Cockpit zu beenden um die Kojen auf zu suchen. Da ist es dann schnell Mitternacht und dabei noch so hell wie ansonsten an einem trüben Herbsttag.
Den wir dann auch gleich am nächsten Morgen begrüßen dürfen. Endlich Wetter so, wie wir es uns für hier vorgestellt haben. Regnerisch, diesig, allerdings nicht so kalt wie von uns befürchtet. Gutes Wetter aber, um die gut 4 km zu den Supermärkten in Angriff zu nehmen ;-). Auf dem Rückweg bepackt mit dann schweren Rucksäcken bemerken wir, dass so ein Weg nach wochenlangem Segeln ohne nennenswerte Bewegung schon sehr anstrengend sein kann.
Zwei Stunden nach Beginn des 21. Tages kommt tatsächlich etwas Wind auf. Segel gesetzt. Die 7 kn Wind reichen immerhin für 3 kn Fahrt. Nicht viel, aber toll nach rund 60 Stunden unter Motor.
Weitere zwei Stunden später ist aber bereits wieder Schluss mit Wind; es verbleiben noch 1 bis 2 kn. Segel bergen, Motor an.
Nach den Abendessen (grüner Spargel mit Sauce Hollandaise und Salzkartoffeln) setzt der Wind ein, der bis Kodiak Island anhalten soll.
Während der Nacht macht er das schon mal and zu frostigen 12°C am nãchsten Morgen gesellen sich ein paar Sonnenstrahlen hinzu.
Die Sonne setzt sich gegen Mittag, dem Ende des 21. Tages, mehr und mehr durch. Nach Tagen endlich wieder im Cockpit sitzen und bei einer Tasse Tee die Reise genießen.
So können wir die restlichen Seemeilen in Angriff nehmen, auf diesem bisher ausgezeichneten Törn. Wenn alles klappt, werden wir Morgen Abend Old Harbor erreichen.
2.122 sm geschafft, 131 sm to go. Wassertemperatur 21,0°C.
Die letzten Meilen nach Kodiak geben sich etwas eintönig. Kein Wind zu hören, nur das Brummen unseres Lambordini Diesels.
Rundherum alles grau, Sonne hat sich wohl zusammen mit dem Wind zurück gezogen. Und ohne Sonne nützt der beste Wintergarten nichts. Kalt im Boot, aber noch widerstrebt es uns, die Heizung einzuschalten. Warum eigentlich.
Der Abend bringt uns Spaghetti mit Pilzen und Tomatensauce. Die Nacht trotz der brummigen Umgebung guten Schlaf bzw. ereignislose Wachen.
Laut gestrigem Wetterbericht soll Wind 200 nm vor Kodiak einsetzen. Das wäre in 30 sm, bzw. rund 7 Stunden. Mal schauen, was der nächste Wetterbericht hierzu meint.
2.022 sm geschafft, 231 sm to go. Wassertemperatur 18,9°C.