In Gedanken nochmal Alaska/Kanada

Während wir die Zeit vor Arrecife weiterhin genießen und uns für die Atlantiküberquerung im Dezember vorbereiten, erscheint im TO-Magazin nochmal ein Artikel von und über uns. Diese Mal der Trip von Ketchikan/Alaska nach Vancouver/Kanada.

Hier noch ein paar zusätzlich Bilder:

Der Blick zurück

Unser Alltag ist ziemlich trivial. Arbeiten am Boot, die gefühlt endlos sind. Ansonsten ein angenehmes Leben hier in Arrecife. Wir sind jetzt bereits seit Juli letzten Jahres hier, unterbrochen von einem kurzen Abstecher nach Deutschland. Und der nächste folgt Anfang April, Familie und Freunde treffen. Sofern der schäbige Diktator nicht noch seinen schändlichen Krieg so eskaliert, dass es wirklich harte Folgen für uns alle hat.

Da es also was uns betrifft nichts besonderes zu berichten gibt, ein Blick zurück. Für das Vereinsmagazins des Trans-Ocean e.V. habe ich unsere Reise von Hawai’i über Alaska nach Kanada zusammengefasst. Und das allerbeste, die Skipperin als Cover-Girl.

Sendepause, oder Sendeschluss?

Bereits nach 6 Tagen öffnete sich für uns das passende Wetterfenster für die Überfahrt von den Azoren nach Madeira. Der Wind etwas vorlicher als erhofft, aber mit Windstärken im wesentlichen von 3 bis 5 ausreichend, um zügig voran zu kommen. Lediglich nach dem Ablegen mussten wir uns für 10 Stunden unter Motor fortbewegen, um den vorhergesagten Wind zu erreichen.

Keine Schäden, keine technischen Probleme und einigermaßen schönes Segeln. Also alles Bestens? Eigentlich schon, aber irgendwie doch anstrengend und ermüdend. Irgendwie fehlt die „Leichtigkeit“, mit der wir vor 3 Jahren von den Kanaren zu den 20.000 sm, die wir seitdem im Kielwasser gelassen haben, aufgebrochen sind.

Sind wir zu bequem geworden? Erscheinen uns die Tage plötzlich so endlos lange und langsam vergehend, weil wir uns darauf freuen, bald wieder vor Lanzarote zu liegen, um unsere „Wunden zu lecken“?

Bereits nach 6 Tagen und 692sm erreichen wir Madeira. Alles in allem eine tolle Überfahrt mit Segeln pur. Das Wasser im Boot nervt weiterhin, die Prüfung der Bilge und das regelmäßige Abpumpen wird aber mehr und mehr zur Routine.

Nachts kurz vor 3 Uhr näheren wir uns Quinta do Lorde. Nächtliches Ankommen liegt uns nicht sonderlich, hier waren wir aber schon mal vor 8 Jahren mit unserer damaligen „B.OLD“. Quasi unser Einstieg ins abenteuerliche Segeln nach dem mehr beschaulichen mit diversen Charteryachten. Damals kamen wir dort sogar zweimal an, da wir die Weiterfahrt zum portugiesischem Festland wegen zahlreicher Probleme abbrechen und umkehren mussten. Siehe hier: Ankunft Portugal – 7 Jahre 7 Meere .

Wir bleiben 4 Tage bevor wir die verbleibenden knapp 300 sm nach Arrecife angehen wollen. Wieder mit passendem Wind erreichen wir bei tollem Segeln nach 2 Tagen Arrecife. Diesmal um 14 Uhr, also bei Tageslicht und, wie sollte es hier auch anders sein, strahlendem Sonnenschein.

Das war am 1. Juli, also vor bereits 3 Monaten. Seitdem waren wir für zwei Wochen in Deutschland und haben vorgestern Tochter mit Freundin wieder verabschiedet, die uns zwei Wochen hier besucht hatten. War eine tolle Zeit mit den beiden.

Abgesehen davon haben wir uns hier ein wenig eingerichtet. Wir wollen ja mindestens bis September 2022 bleiben. Es gibt genügend zu tun, zumal wir es in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Zeit geruhsam angehen wollen.

Nächsten Montag geht Luna Mare für eine gute Woche an Land für einen kompletten Anstrich. Das Antifouling muss komplett erneuert werden. Da wir schmerzhaft lernen mussten, dass „Hempel Silic One“ mangels weltweiter Verfügbarkeit für Langfahrtsegler gänzlich ungeeignet ist, stellen wir auf „International“ um. Hoffentlich machen wir damit bessere Erfahrungen.

Wir konnten auch noch ein paar Dosen „rescue orange“ ergattern, so dass auch der Rumpf über der Wasserlinie gestrichen werden kann. Von ein paar Roststellen abgesehen, ist aber nur der Auftrag einer weiteren Schicht erforderlich.

Sendepause, oder Sendeschluss?

Es ist ja insbesondere in den letzten Blogeinträgen schon immer mal ein wenig durchgeklungen. Die Skipperin hat die Nase voll vom Segeln und ich na ja, zumindest so halbvoll. Insofern haben wir momentan nicht wirklich Lust, nochmal auf große Fahrt zu gehen. Aber irgendwie auch noch nicht dazu, uns zur Ruhe zu setzen. So schwanken wir zwischen

– einfach rughig und friedlich auf unserem Boot zu leben

– vielleicht ergänzt um ein paar Segeltörns innerhalb der Kanaren,

– oder nach Madeira/Azoren und zurück

– oder Marokko und zurück

– oder…..

Mittelmeer, oder zurück in die Ostsee reizen uns nicht sonderlich, einfach zu schlechtes Wetter dort zumindest während eines Teils des Jahres.

Anyway. Jetzt bleiben wir ohnehin zunächst für ein Jahr hier. Der Liegeplatz ist bereits bis Ende Juni 2022 bezahlt. Vielleicht mal ein Ausflug bzw. Testfahrt hinsichtlich Dichtigkeit nach La Graciosa, oder einer anderen kanarischen Insel und zurück. Jedenfalls nichts berichtenswertes, also für die nächsten rund 12 Monate gibt es hier zumindest eine

SENDEPAUSE.

Und dann. Irgendwie wächst ja schon Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat der Wunsch, doch noch mal aufzubrechen. Die Atlantiküberquerung in die Karibik haben wir noch in guter Erinnerung. Warum nicht nochmal da hin. Zumal wir den Großteil der karibischen Inseln noch gar nicht besucht haben.

Und ich träume davon, von dort Richtung Süden aufzubrechen, nach Südamerika. Hammer wäre es, durch die Magellanstraße in den Pazifik zu kommen, von dort etwas die Westküste von Südamerika hoch, dann in die Südsee………

Na ja, träumen wird man ja noch dürfen. Und sollte der Traum in Erfüllung gehen, geht es auch hier wieder weiter. Falls nicht, ist hier

SENDESCHLUSS.

Atlantik von West nach Ost

Wir haben es geschafft! Unsere zweite Atlantiküberquerung, dieses Mal von West nach Ost, nachdem wir im Dezember 2018 den Atlantik von Kapverden nach Antigua von Ost nach West überquert hatten. Damals in 18 Tagen, dieses mal in 17 Tagen, wobei die Strecke diesmal um 120 sm kürzer ist. Also mit ziemlich identischer Geschwindigkeit.

In Mystic liegen wir wie bereits erwähnt an einer Mooringboje. Da es einen gut erreichbaren, sicheren Dinghisteg gibt und wir einen Leihwagen haben, ist die Verproviantierung für die anstehenden rund 2.000 sm zu den Azoren kein großes Problem. Das Warten auf die Werft nervt ein wenig, der zuständige Manager erscheint etwas unorganisiert, es ist aber wohl ein riesiger Andrang an Yachten da, die zum Beginn der Saison das Rigg zurück an Bord haben wollen. Und da müssen wir uns halt einreihen.

Dann hat glücklicherweise das Warten doch bald ein Ende. 1,5 Wochen nach unserer Ankunft steht der Termin für den Mastkran. Doch nicht so chaotisch der Tim, den dass es 1 bis 1,5 Wochen dauern kann, hatte er uns von Anfang an mitgeteilt. Bin halt manchmal etwas ungeduldig.

Am Freitag, 21. Mai, ist Luna Mare wieder ein richtiges Segelboot. Auf dem Rückweg von der Werft zur Mooringboje noch zur Tankstelle, Dieseltanks und Kanister wieder auffüllen. Den Leihwagen haben wir noch bis Mittwoch nächster Woche. Sofern es wettertechnisch ok ist, wollen wir den bis dahin noch nutzen und am Donnerstag, den 27. Mai soll es losgehen.

Habe seit ein paar Wochen die Wettervorhersagen für die Strecke verfolgt. Es ist alles vorhanden. Flaute, Starkwind bis über 40 kn, Wind aus allen Himmelsrichtungen. Tendenziell hat es sich aber stets verbessert, immer seltener und zunehmend schwächere Starkwindphasen.

Nach ein paar Ausflügen in die nähere Umgebung werden noch die „Frischvorräte“ aufgefüllt, also Fleisch, Obst und Gemüse. Alles weitestgehend bei ALDI, der hier gut sortiert und im Vergleich zu den anderen Supermärkten bis zu 50% günstiger ist.

Leinen los

Ich denke wir sind alles in allem gut vorbereitet. Nochmal den Wetterbericht aktualisieren. Wie erwartet für den 10-tägigen Vorhersagezeitraum ein Mix aus allem mit Windstärke 7 bis 8 in Böen. Sonne, Regen, Temperaturen zwischen 9°C und 20°C. Leider auch ein paar Phasen mit Wind aus östlichen Richtungen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das die nächsten Tage wesentlich zu unseren Gunsten ändern wird, also los.

Und es geht schön los. Sonnenschein, ausreichend Wind um Segel zu setzen, sobald wir das relativ enge Fahrwasser, das von Mystic in die offene See führt, verlassen haben. Ein herrlicher Segeltag, bevor es dann zuzieht und der Wind etwas zunimmt und nun leider aus östlicher Richtung kommt.

Beim Reffen des Vorsegels stellen wir uns etwas dämlich an. Irgendwie schaffen wir es nicht, das Boot so im Wind zu halten, dass wir es zügig einholen können. So schlägt es wild um sich und zerbröselt zwei Kunststoffklampen am Mast. Nach über 20.000 sm sollten wir das eigentlich besser hinbekommen. Relativ flache Lernkurve, die wir da haben.

Ich denke, ohne Schäden kommt keiner über eine Strecke von 2.000 sm, aber solche Leichtsinnsfehler sollte man trotzdem vermeiden. Anyway. Das gehört dazu und klar, es gibt auf solchen Strecken seglerische Herausforderungen. Die gilt es zu meistern und dann ist es ok. Das sollte einen nicht vor so einer Überfahrt abhalten.

Seekrankheit, der ständige Begleiter.

Anderes schon. Die Skipperin ist fast von Anfang an wieder Seekrank. Vomex A hilft ihr, das schlimmste zu vermeiden. Die Fische müssen also hungern. Es geht ihr aber sauschlecht und die Tabletten erzeugen die übliche Müdigkeit und damit etwas Lethargie.

Mich erinnert das an die Zahnarztbesuche in meiner Kindheit. In meinem kleinen Heimatdorf gab es keinen Zahnarzt, dafür mussten wir eine 6 km Reise in die Kreisstadt Ebersberg antreten. Entweder gab es in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts noch keine örtliche Betäubung, oder der dortige Zahnarzt hatte noch nie was davon gehört, oder gemeint, so ein Bauernbursche braucht das nicht.

Jedenfalls war vor jedem Zahnarztbesuch klar, dass die vorhandenen Zahnschmerzen nur durch eine ebenfalls schmerzvoll Behandlung weggehen werden. Das Warten im Wartezimmer wurde von Besuch zu Besuch unerträglicher. Die Hände immer feuchter und der Pulsschlag höher.

So denke ich ist auch die „Vorfreude“ auf den nächsten längeren Törn, wissend, dass die Seekrankheit schon am Horizont winkt. Man weiß aber nicht, für wie lange sie einen begleiten wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir sobald, wir zurück vor Lanazarote sind, unseren Hintern möglicherweise für eine Weiterfahrt im nächsten Jahr nicht mehr hoch bekommen ist ja ohnehin gegeben, so etwas verstärkt das dann noch.

Nur seglerische Herausforderungen? Nicht mit uns.

Zurück zum Reffen des Vorsegels. Wir haben das dann doch noch geschafft, mit Hilfe des Motors können wir uns gut im Wind halten, so dass das Vorsegel letztendlich zügig eingeholt werden kann. Motor abstellen, weiter geht’s.

Aber was sehe ich da, als ich den Stopp-Knopf drücken will? Der Drehzahlmesser zeigt nichts an. Bedeutet das, dass die Batterie nicht lädt? Oh ja, das tut es. Motor aus. Nochmal an. Keine Änderungen. Batterie wird nicht geladen. Auch nach ein paar weiteren Versuchen nicht.

Diese Platine (ECU laut Motorhersteller Lombardini) habe ich zwei Wochen vorm Ablegen neu eingebaut. Da wir an der Mooring öfter mal Strom benötigten, insbesondere zum Laden der Batterie während der Wassermacher lief, konnten wir diese eigentlich ausreichend testen und alles lief problemlos.

Die alte ECU hatte ja wie berichtet laufend Fehlermeldungen, begleitet durch einen penetranten Alarmton, erzeugt. Anfangs war nur der Alarmton nervig, aber später, kurz vor Erreichen von Anacortes kam noch das Problem hinzu, dass die Batterien nicht mehr geladen wurden. Lombardini hat hier ohne wenn und aber sofort eine neue ECU in die USA geschickt. Die war innerhalb von 4 Tagen bei June an der Ostküste.

Der Unterschied jetzt: kein Alarmton, keine Fehlermeldung. Aber eben kein Laden der Batterien. Reichen Wind und Sonne, um unsere Batterien zu laden? Falls nicht, was dann?

Eines ist gleich klar. Der Strom wird definitiv nicht für den Wassermacher reichen. Bisher hatten wir immer noch 4 bis 5 „Kanister“ an Trinkwasser mit je 5l Inhalt an Bord. Diesmal nicht. Außerdem hatten wir auch den Falttank im Vorschiff benutzt. Diesmal nicht, da wir vermeiden wollten, dass durch das Gewicht der Bug wieder zu tief im Wasser ist und wir über den Ankerkasten wieder Wasser ins Boot bekommen.

Das vorhandene Wasser also ausschließlich als Trinkwasser benutzen. Sonst nichts. Und trotzdem könnte es knapp werden.

Nächstes dann Autopilot und Kühlschrank. Reicht der Strom von Windgenerator und Solarpaneele aus, um diese weiter betreiben zu können? Insbesondere die Skipperin hat schon eine Art Trauma, was das Rudergehen anbelangt. Wieder 10 Stunden jeden Tag?

Kühlschrank abstellen? Alles Fleisch und sonstige verderblich über Bord, sobald es nicht mehr genießbar ist? Was stellen wir zuerst ab, Autopilot oder Kühlschrank? Es liegen noch 1.880 sm, also kalkulatorisch 19 Tage vor uns.

Die Skipperin ist sich mittlerweile sicher, was die Langfahrt anbelangt. Nie mehr wieder! Was ich gut verstehen kann. Geht auch an mir nicht spurlos vorüber. Allerdings scheint mein Gedächtnis schon etwas nach zu lassen. Nach am Ende dann doch erfolgreicher Passage vergesse ich die Unbilden relativ schnell, vermutlich in der Annahme, das nächstes Mal zwar wieder irgendwas anderes kaputt gehen wird, aber wir bisher immer wieder heil angekommen sind.

Hoffen und Bangen

Das Ganze ist natürlich schon eine enorme nervliche Belastung. Wir sind uns zwar relativ sicher, dass die „grüne“ Energie zumindest für Plotter und Positionslampen und damit für eine sichere Navigation ausreichen, aber wirklich wissen tun wir es nicht.

Ohne GPS sind wir verloren. Mit dem Kompass bekommen wir zwar den Kurs Richtung Osten hin und mittels Sextant wäre ich durchaus in der Lage, zumindest die Mittagsbreite zu bestimmen. Es wäre aber unwahrscheinlich, dass wir auf diese Weise die Azoren finden. Theoretisch egal, irgendwann kommt Festland, aber halt um die 1.000 sm später und so lange reicht unser Wasservorrat nicht.

Das zerrt. Solarpaneele richten wir laufend nach der Sonne aus, sofern vorhanden und hoffen auf mehr Wind als wir sonst so als angenehm bezeichnen würden. Der Windgenerator erzeugt erst ab 20 kn Wind nennenswert Strom.

Die Batterie geht auf 72 % runter, aber wir können diese dann wieder auf über 80% bringen. So geht das über 3 Tage. Zwischendurch habe ich mal die alte ECU eingebaut, die hatte ja sporadisch funktioniert. Leider erfolglos, also wieder zur neuen Platine zurückgetauscht. Funktioniert zwar auch nicht, aber macht keinen Lärm.

Am 4. Tag verlässt uns der Wind und es ist nur wenig Sonne vorhanden. Die Batterie unterschreitet die 70% Füllstand. Wir müssen anfangen, ans Ruder zu gehen. Hoffentlich so, dass wir zumindest nachts noch den Autopilot nutzen können. Also verbringe ich die ersten 5 Stunden am Ruder. Macht keinen Spaß.

Nachts überlegen wir, was wir noch tun könnten. Die Skipperin meint, die Stecker an der Platine ziehen. Ja, das könnte Sinn machen. Wenn die Motorsteuerung nicht mehr das Laden verhindert, vielleicht klappt es ja dann. Es sind da zwei Kabel, ein Netzwerkkabel, welches die Bedienpaneele mit der ECU verbindet und ein Kabelschuh für die Motordaten wie Temperatur und Drehzahl, sowie die Stromversorgung des Motors. Und da kommt mir der erste Zweifel. Ohne Strom wird die Dieselpumpe nicht mehr laufen und der Motor mangels Diesel ausgehen.

Die Hoffnung ist also gering, zumal ich die Stecker ja schon ein paar Mal gezogen hatte. Allerdings noch nicht bei laufendem Motor. Ist ein Versuch wert. Nach Mitternacht lässt der Wind ganz nach. Statt zu motoren drehen wir um 2:30 bei. Um kurz nach 4 Uhr wird es langsam hell.

Wollen wir den Versuch starten? Ja! Motor an. Kein Laden. Netzwerkkabel gezogen. Motor läuft weiter. Kein Laden. Kabelschuh gezogen. Motor läuft weiter. Kein Laden. Kurz darauf geht er dann erwartungsgemäß aus. Schade, war wohl nichts.

Da wir weiterhin keinen ausreichenden Wind haben, entschließen wir uns, den Weg unter Motor fortzusetzen. Dieseltank ist ja voll. Starterbatterie noch bei 90%. Also alles vorbereiten, Klappen des Motorraumes schließen und insbesondere den Sitz am Ruder freiräumen, denn ab jetzt heißt es Ruder gehen.

Motor an und der Versuch, wieder auf Kurs zu gehen. Ein Blick zur Seite. Der Drehzahlmesser zeigt wieder an!!! Das gibt es nicht. Lädt er auch? Ja, er lädt. Ich sitze mit Gänsehaut hinterm Steuer und bin nicht in der Lage, Luna Mare auf Kurs zu bringen. Also Autopilot an, der kann das.

Bleibt das jetzt so. Bange Minuten. Ja, er lädt immer noch. Wird alles wieder gut? Wir wissen es nicht. War vielleicht sporadisch und beim nächsten Starten geht es wieder nicht. Aber wir „ersparen“ uns schon mal mindestens zwei Tage qualvolles Rudergehen.

Und er lädt und lädt. Die Batterien sind bei 100%. Da können wir jetzt den Wassermacher in Betrieb setzen und ja, er lädt weiter und die beiden Wassertanks die wir nutzen, werden wieder randvoll. Da ist ja sogar noch eine Dusche drin. Herrlich. Die Steine, die uns vom Herzen fallen, würden, falls sie echt wären, Luna Mare ruck zuck zum sinken bringen.

Steckerspiel

War das jetzt Zufall, dass die Lichtmaschine wieder lädt, oder hängt das mit dem gezogenen und wieder eingesteckten Steckern zusammen? Mangels Wind heißt es jetzt ohnehin erst mal die Reise unter Motor fortsetzen. Flauten aussitzen wollen wir sicherheitshalber weiterhin nicht, den falls das Problem nur temporär behoben ist, kommen die o.g. Probleme ja wieder.

Nach 40 Stunden kommt etwas Wind auf und wir können den Motor abstellen und am Abend des 7. Tages wieder Segel setzen. Keine 6 Stunden später weckt mich die Skipperin. Der Plotter ist ausgegangen. Mit schlaftrunkenen Augen sehe ich, dass dieser an ist, wir aber back stehen. Also Motor an, um wieder auf Kurs zu gehen. Blick auf den Drehzahlmesser, der bleibt unten, Batterie lädt nicht!

Batterie ist aber bei 86% und bald kommt die Sonne hoffentlich raus. Das wir back standen lag tatsächlich daran, dass der Plotter (und damit der Autopilot) kurz ausging. Verabschiedet sich der jetzt auch peu à peu? Wir haben aber noch den im Cockpit. Wären also nicht direkt verloren.

Das Bangen was unsere Batteriekapazität angeht geht aber in die nächste Runde. Am nächsten Tag wollen wir nochmal einen Versuch starten und dabei das „Steckerpiel“ wiederholen. Stecker raus, Stecker rein, Motor an, Motor lädt. Herrlich. Wir können die Batterien wieder laden. Da die Unsicherheit bleibt, füllen wir auch die Wassertanks wieder auf und im Luxus pur duschen wir den Angstschweiß weg.

Ab jetzt wird jeden Abend das „Steckspiel“ zum Bestandteil unserer täglichen Routine. Und es klappt. So hangeln wir uns Tag für Tag weiter und näher ans Ziel heran.

Andere Schiffe, andere Probleme

Am 14. Tag (Donnerstag, 10.Juni), es sind noch 400 sm bis Horta, ruft uns SV Lunalata über Seefunk. Ein 57 Fuß Segelboot mit 5 Personen an Bord, 2 sm südlich von uns, auf dem Rückweg aus der Karibik (Grenada) über die Azoren ins Vereinigte Königreich. Sie haben für die lange Strecke bis kurz vor den Azoren bisher 17 Tage gebraucht.

Aber auch dort nicht alles problemlos, der Motor funktioniert nicht. Ein Schiff dieser Größenordnung hat normalerweise einen Stromgenerator dabei. So auch SV Lunalata. Die Stromerzeugung ist für die also kein Problem. Allerdings müssen sie Flauten aussitzen, statt diese mittels Motor zu durchqueren. Das Anlegen in Horta wird sicherlich auch spannend.

Hier bekomme ich auch unseren ersten Wetterbericht, seit dem wir gestartet sind. Die Idee mit SSB (Amateurfunk) hat nicht funktioniert. Habe zwar auf offener See die eine oder andere Station hereinbekommen, aber keine mit Wetterbericht.

So erfahren wir von der SV Lunalata, dass uns ab Samstag bis mindestens Sonntag eine Flaute erwartet. Sie vermuten, dass wir sie dann wieder einholen und überholen werden, da sie selbst ja ohne Wind nicht weiter kommen. Sie wären dann, nach rund 3.000 sm noch rund 80 sm vom Ziel entfernt, zum Warten verdammt.

Bei uns wären es am Samstag vermutlich noch 200 sm bis Horta. Schon mal nachgerechnet. Mit dem Diesel, den wir inkl. 3 Reservekanistern à 20 l noch an Bord haben, müssten wir 400 sm schaffen. Schade um den Diesel, aber so kurz vor dem Ziel wollen wir nicht draußen verharren. Zumal nicht klar ist, wie lange die Flaute anhalten wird.

Horta am Horizont

Es sind dann rund 150 sm, die wir mangels Wind unter Motor zurück legen müssen. Die Lunalata erscheint nicht mehr auf dem Plotter, auch nicht, als wir noch 30 sm vorm Ziel sind. Die haben es wohl glücklicherweise noch rechtzeitig in die Marina geschafft.

Und am 13. 06. um 17 Uhr erreichen wir ebenfalls Horta Marina. Wir müssen vor Anker gehen und dürfen erst in die Marina bzw. an Land, nachdem ein noch zu nehmender PCR-Test negativ ist. Vollständig geimpft und nach 17 Tagen Quarantäne auf hoher See erscheint mir das etwas skurril. Aber so wie wir das aus Übersee bisher verfolgen konnten, ist die Pandemiepolitik in Europa wohl so zielstrebig wie ein kopfloses Huhn.

Egal. Wir sind hier und uns trennen nur noch gut 1.000 sm von unserem vorläufigen Zielhafen Arrecife. Und der erste Eindruck von Horta ist positiv. Zumal wir schönes Wetter haben, welches noch 2 Tage anhalten soll. Bevor Regen hier Einzug hält.

Das Steckerspiel hat übrigens bis zum Schluss funktioniert. Dachte zwischendurch schon, ob es auch so wieder geht, habe mich aber nicht getraut es auszuprobieren. Erst hier vor Anker in Horta habe ich den Motor mal direkt gestartet, ohne Steckerspiel. Lädt nicht. Mal sehen, was Lambordini zu diesem verrückten Spiel sagen wird.

Und zu unserer Überraschung liegt die SY Nana mit Katharina und Daniel hier. Vor gut 1 ½ Jahren waren wir Linehandler bei denen auf dem Weg durch den Panamakanal vom Pazifik zurück in den Atlantik. Riesen Wiedersehensfreude.

Noch ist nicht ganz klar, wie lange wir hier bleiben werden. Eigentlich möchten wir zügig weiter, aber es tut sich kein wirklich gutes Wetterfenster auf. Überwiegend zu wenig Wind und der teils von zu weit vorne. Hatte hier eigentlich richtig schönen Nord bis max. Nordostwind erwartet. Aber wir sind ja geduldig, eigentlich, mehr oder weniger, irgendwie. Gell.

Und für die, die es interessiert, das war unser Speiseplan für die letzten 17 Tage: Marions einzigartiger Krautsalat bildete das Hauptgericht, als Beilage eine Scheibe Roggenbrot und klein gewürfeltes Fleisch, je länger es gelagert war, um so länger gebraten. Nach 14 Tagen war das Fleisch dann aufgebraucht und es sollte entweder frisch gefangenen Fisch, oder Würstchen, die wir noch im Kühlfach hatten, geben, falls wir wider Erwarten nichts fangen sollten. Es gab Würstchen.

Goodbye North-America

Nachdem das Rigg wieder drauf ist und alles wieder an seiner richtigen Stelle untergebracht ist, sieht Luna Mare wieder wie ein richtiges Segelboot aus. So ohne Rigg war das schon ein eher trostloser Anblick. Und kaum zu glauben, dass es nach so relativ kurzer Zeit den Weg zurück vom Pazifik in den Atlantik geschafft hat.

Luna Mare ist pünktlich am 11. Mai hier in Mystic angekommen. Geht am gleichen Tag noch zurück ins Wasser, so dass wir sie auch direkt wieder beziehen können. Insgesamt hat sie den Transport gut überstanden. Beim verstauen der letzten Sachen im Boot hat das Werftpersonal in Anacortes leider vergessen, die Luke am Niedergang zu schließen. So hat sich in der Bilge einiges an Regenwasser angesammelt, aber glücklicherweise keinen nennenswerten Wasserschaden verursacht. Da glaubst du, wenn das Boot aus dem Wasser ist, kann es keines mehr im Boot geben. Aber bei Luna Mare geht es halt nicht ohne.

Am Donnerstag geht es los, zurück über den Atlantik, über die Azoren nach Lanzarote. Goodby North-America. Nach den grenzwertigen Grenzerfahrungen in Prince Rupert (Kanada) und Friday Harbor (USA), hege ich nicht den Wunsch, jemals hierher zurück zu kehren. Ein zweites Mal muss ich mir so etwas nicht antun. Gibt schließlich noch genügend Länder, wo wir das ein erstes Mal erleben können ;-).

Wir hatten aber eine insgesamt wundervolle Zeit hier in Nordamerika verbringen dürfen. Und letztlich bin ich selbstverständlich dankbar, dass man uns die Einreise in beide Länder, wenn auch jeweils erst im zweiten Step, erlaubt hat. Vor allem, dass wir dadurch mit der Luna Mare auf die Ostküste wechseln konnten, um von hier die Rückreise nach Europa antreten zu können.

Alles in allem zwei wundervolle Länder, Kanada und USA, und mit eben ein paar ganz wenigen Ausnahmen ganz tolle Menschen, freundlich, hilfsbereit und weltoffen, die wir hier kennen lernen durften (siehe weiter unten „Leute“). Covid-19 hat das Ganze natürlich nicht einfacher gemacht, aber dank USA sind wir beide mittlerweile das zweite Mal geimpft. Ein schrecklicher Gedanke, unterwegs während der nächsten 3 Wochen an Bord ernsthaft zu erkranken. Ab Samstag (14 Tage nach der 2. Impfung) gelten wir als „fully vaccinated“, also als vollständig geimpft.

Glück haben wir auch mit dem Wetter hier in Mystic/Connecticut (weiß erst seit heute, dass es nicht Conneticut heißt, wie peinlich). Bisher fast nur Sonnenschein, gelegentlich leicht bewölkt, aber kaum Regen. Dank June haben wir hier einen tollen Liegeplatz an ihrer Mooringboje. Kleine Dinghitour zu einem Dinghisteg mitten in der Altstadt, von wo aus es nur ein paar Schritte zum geparkten Leihwagen sind.

Den haben wir uns für die letzten Tage noch gegönnt. Sind ja doch einige Erledigungen zu machen, bevor es losgehen kann. Und zu Fuß erreicht man die Eisdiele, aber halt keinen Supermarkt. Und Proviant ist einiges ran zu schleppen. Nach unserem Pazifikerlebnis wissen wir, dass man besser reichlich davon dabei hat.

Heute ging es noch zum Waschsalon, morgen nochmal für insbesondere Obst und Gemüse zum Aldi, übermorgen zum Ausklarieren und zur Mietwagenabgabe, so dass es dann Tags darauf, am Donnerstag, „Leinen los“ heißen kann.

Wir rechnen mit mindestens 3 Wochen für die 2.000 sm bis zu den Azoren. So wie es aussieht erwarten uns sehr stark wechselnde Wetterverhältnisse. Wind von Flaute bis > 40 kn abwechselnd aus allen Himmelsrichtungen. Eigentlich ist der Westwind hier vorherrschend, momentan aber mit längeren Phasen mit Wind aus östlichen Richtungen durchsetzt.

Leute:

Eine sehr tolle Seglerrunde hatte sich vor Hawaii eingefunden:

Brian (SV Carpe Ventus), der seine geplante Weltumsegelung wegen COVID-19 abbrach und zurück nach Nanaimo/BC gesegelt ist und den wir in Campbell River nochmals trafen.

Uwe (SV Tara), ebenfalls aus Deutschland gestartet und von dort aus nach Bellingham/WA, wo seine Tara auf ihn wartet, bis er wieder einreisen kann.

Jess, James, Maren und Kaia (SV Soteria), die wir mit ein paar Tipps hinsichtlich Hawaii bei deren Anreise unterstützen durften und die uns dann während unserer Zeit in Nordamerika immer wieder mit Rat und Tat zur Seite standen. Wieder getroffen in Alaska in mehreren Marinas. Mittlerweile haben sie ihr Segelboot verkauft und sind dabei, sich in Montana nieder zu lassen.

Richard (SV Darwind) mit seinen 20 Jahren nach US-Recht zu jung um Bier zu trinken, aber alt genug, um mit seinem 26 Fuß-Boot einen Pazifikrunde zu drehen. Auch in bewog COVID-19 nach Hause zurück zu kehren. In konnten wir in Anchorage besuchen, dabei seine tolle Familie kennen lernen und haben ihn kurz vor unserer dortigen Abreise nochmal in Anacortes getroffen. Ab Herbst geht es für ihn in Bellingham aufs College, Meereskunde steht an.

Joanna, Paul und Rosie (SV Tomten), die ebenfalls zurück in ihre Heimat, in diesem Falle Bellingham/WA sind und die wir in Anacortes nochmal trafen.

Darüber hinaus Doreen und Marc (SV Imani), Jeff (SV Amanti), Guy und Marie (SV Notre Rêve), Mark und Heidi (SV Estelle), Jim (SV Cheyenne), Mark (SV En Passant), Jon, Christine und Dylan (SV Free Spirit) und Jordon (SV Khira)

In Campbell River trafen wir unter anderem auf ganz liebe Stegnachbarn

Bren and Clay (SV Sanssouci), Marty und Mae (SV Wind Gypsy), Logan und Taryn (SV Wayward). Alle 3 Paare livaboards, die im Sommer die Inside Passage mit den Gulf Islands und St. Juan Islands unsicher machen und den Winter in einer Marina wie Campbell River verbringen.

Bob (MV) ein früherer Skirennläufer, dessen Sohn im kanadischen Ski-Nationalteam ist und Mark (MV), der ein Polizeiboot aus den 70ern umgebaut hat.

Und insbesondere Tracy (airbnb), die uns als airbnb-Host während unserer Quarantäne aufgenommen hat und dann zur Freundin wurde. Mit ihr haben wir etliche tolle Spaziergänge unternommen und herrliche Stellen auf Vancouver Island kennen gelernt, die wir ohne sie nie gefunden hätten.

Binny (Campbell River Mirror), eine junge Journalisten aus Indien, Mitbewohnerin von Tracy, die uns für den weltweit bekannten „Campbell River Mirror“ interviewt hatte.

Darüber hinaus viele viele nette und freundliche Menschen in den Marinas, Werften, Supermärkten, Hotels, airbnb-Unterkünften und wo überall sonst noch wir sie treffen durften.

Und dann hier in Mystic zu guter letzt June, eine Bekannte von Jess und James (SV Soteria), die uns ihre Mooringboje überlassen hat, an der wir die letzten Tage in Nordamerika bis zu unserer zweiten Atlantiküberquerung verbringen dürfen.

War eine tolle Zeit hier seit unserer Hawaii-Ankunft im März 2020, der Zeitpunkt, an dem wir zum ersten Mal von dem Virus erfahren haben, der uns alle seitdem begleitet und für uns durch die zweite Impfung hoffentlich seinen Schrecken verloren hat.

Von der US West- zur Ostküste

Fünf Wochen ist es jetzt her, dass wir unser schwimmendes zu Hause an der US-Westküste zurück gelassen haben. Komisches Gefühl. Aber auch schön, mal wieder reines Landleben zu genießen, wobei die Hotelaufenthalte schon etwas gewöhnungsbedürftig sind.

Luna Mare verlässt den Pazifik

Die ersten hatte ich noch in der Kategorie „billig“ gebucht. Das sind dann schon etwas einfachere Unterkünfte und kosten trotzdem $ 60 pro Nacht. Dann auf Kategorie „preiswert“ gewechselt. Sind dann so $ 20 pro Nacht mehr, aber schon wesentlich angenehmer, teilweise sogar etwas Frühstück dabei. Das macht das Reisen dann doch erträglicher.

Als Fortbewegungsmittel haben wir von „Budget“ einen VW Passat mit 8 Meilen auf dem Tacho für unseren 4.000 Meilen Roadtrip erhalten. Ein sehr komfortables Fahrzeug für diese doch sehr lange Strecke.

Von Bayern, Bergen, Flachland und einer Terminverschiebung

Los geht es mit Seattle. Ein wenig Sightseiing und eine Übernachtung. Wir wollen den größten Teil der Strecke auf dem landschaftlich reizvollen Highway 2 zurück legen. Laut Internet eine der schönsten Cruisingstraßen der Welt. Aber so was liest man vermutlich öfter.

Erstes Ziel Wenatchee/WA. Auf dem Weg dorthin, auf den Höhen der „Cascades, ein Skigebiet, das auf Grund des noch reichlich vorhandenen Schnees für Pandemiezeiten relativ gut besucht ist.

Danach geht es direkt nach Bayern, oder wie man sich das in „Leavenworth“ so vorstellt. Nennt sich „the bavarian village“. Haben dann schnell mal Heidelberg, Rüdesheim und Innsbruck „eingemeindet“. Aber für eine kurze Brotzeit („Omas Weiswurst“, gebratene Version, mit Brezel) ein angenehmer Aufenthalt.

Der schlaue Skipper bucht den „super deal“, bei dem zum günstigsten Preis vom Onlineanbieter eines von drei Hotels ausgewählt wird, mit dem Hinweis „Region Wenatchee“. Angekommen in Wenatchee und die Hoteladresse in google maps eingegeben. Noch gut 100 Meilen, rund 2 Stunden Fahrtzeit bis zum Hotel. Die Relationen hinsichtlich Entfernungen sind hier doch schone sehr eigene. Stornieren geht nicht, also hin und am nächsten Morgen wieder zurück. Ein wahrliches Schnäppchen. Das mit der Landnavigation muss noch besser werden.

Nächstes Ziel, immer noch in Washington, Spokane. Ein schöner Ort am gleichnamigen Fluss mit einem Riverfront Park, der zum abendlichen Spaziergang einlädt.

Unsere Roadtrip-Idylle wird ziemlich jäh durch einen Anruf von Eric, dem für den Transport der Luna Mare beauftragten LKW-Unternehmer, unterbrochen. Er kann den zugesagten Termin nicht einhalten. Sein LKW ist defekt und in Reparatur. Eigentlich sollte ein neuer geliefert werden, das verzögert sich aber und er kann Luna Mare erst zwei Wochen später als vereinbart abholen.

Zwei Wochen sind machbar. Aber es wird dann schon etwas eng und was ist, wenn er beim nächsten Anruf nochmal die eine oder andere Woche hinzufügt? Nicht auszudenken, sollte unser Rückkehrprojekt jetzt noch scheitern. Wir hoffen aufs Beste und machen erst mal wie geplant weiter. Gibt ohnehin keine Alternative.

Bevor es am nächsten Tag nach Montana geht, durchqueren wir noch auf rund 70 Meilen den „Idaho Panhandle“ auf dem Weg nach Kalispell. Von dort erreicht man den „Glacier National Park“ in den nördlichen Rocky Mountains. Durch den Park führt eine wundervolle Straße, jedoch ist die erst ab Juni/Juli schneefrei und damit durchgehend befahrbar. So fahren wir dran vorbei und erleben den letzten Schnee bevor es zu den „Plains“ geht.

Montana hat eine Fläche von 380.000 km² und ist damit geringfügig größer als Deutschland mit 358.000 km². Hat auf dieser Fläche verstreut aber nur rund 1 Million Einwohner. Die größte Stadt auf dieser enormen Fläche hat gerade mal 100.000 Einwohner.

So geht es am nächsten Tag 420 km durch die endlosen Landschaften Montanas nach „Havre“. Highway 2 wurde entlang der Eisenbahnlinie gebaut, genauer gesagt, beides gemeinsam, die Straße zum Herantransport von Mensch und Material. Unterwegs wurden dann, an wie auch immer strategischen Stellen, Ortschaften angelegt. Da viele Ingenieure und Arbeiter aus Europa kamen, haben die nun entsprechende europäische Namen (Dover, Naples, Marion!, Harlem, Malta, Glasgow, Palermo, York, Leeds, Petersburg).

Nach weiteren 450 km erreichen wir am nächsten Tag die Grenze North Dakota und nach weiteren 40 km unseren Stopp für die nächste Nacht, Williston. Weiter geht die Reise nach Grand Forks wodurch wir Minnesota erreichen. Und weiter nach Norway/Michigan und danach durch Wisconsin bis nach Chikagao/Illinois.

Von der Großstadt zum Drive-Thru Impftermin

Für Chikago wollen wir uns vier Tage Zeit lassen. Für solch einen etwas längeren Aufenthalt bietet sich eine airbnb Unterkünft mit Küche an. Irgendwie gefällt es uns, vor Ort „fast richtig“ zu wohnen, zum Supermarkt für die Lebensmitteleinkäufe zu gehen und uns Abends im temporär „trauten Heim“ ein leckeres Abendessen zu bereiten.

Und die vier Tage nutzen wir natürlich, um uns in Chikago etwas umzusehen. Erinnert nicht mehr allzu sehr an die alten US-Krimis, die wir vor unserem geistigen Auge haben.

Ich verfolge schon länger die Impfsituation in den USA, die sich ja erheblich von der z.B. in Europa unterscheidet. Man ist nicht nur in der Lage, reichlich Impfstoff zu beschaffen, sondern ist vor allem auch mit hohen organisatorischen Fähigkeiten ausgestattet, die es ermöglichen, diesen auch zügig zu verimpfen.

Seit Beginn der Impfkampagne gilt hier, dass jeder unabhängig von seinem legalen Status geimpft werden kann. Anfangs auch nach Prioritäten und von Bundesstaat zu Bundesstaat mit geringfügigen Unterschieden. Mittlerweile (April 2021) fast überall 60+ und in den ersten Staaten alle ab 16.

Um Impftourismus zu verhindern, benötigt man in etlichen Staaten einen Nachweis, dass man seinen Wohnsitz dort hat. Dafür reicht es aus, z.B. seine Stromrechnung mit Name und Adresse vorzulegen. Es werden aber keine persönlichen Daten gespeichert, den es ist ihnen hier wichtiger, alle geimpft zu bekommen, als Einzelne Illegale zu enttarnen.

Bei meiner Recherche werde ich fündig: Indiana impft einfach alle ab 16. Termin online vereinbaren, ein paar Angaben über gesundheitliches Befinden, Telefonnumer, e-mail und unsere Heimatadresse. Schon hat man einen Termin.

Also nächster Stopp: Indianapolis. In 2004 war ich bereits mal hier um mein bisher erstes und einziges Formel 1 Autorennen live zu verfolgen. War eine großartige Sache. Aktuell gibt es dort keine Autorennen, die Rennstrecke wird als Impfzentrum genutzt.

Ich habe aber einen Termin bei „Walgreens“ gebucht. Dort wird Johnson & Johnson verimpft. Hat den Vorteil, dass man nur eine Dosis benötigt, was es für uns Touristen natürlich einfacher macht.

Allerdings am Abend vor der Weiterfahrt von Chikago nach Indianapolis die Nachricht, dass der Termin verschoben werden muss, da sich bei einigen von den zig Millionen mit diesem Wirkstoff geimpften Blutgerinnsel gebildet hatten.

Was nun: Mal auf der Seite des Rennstrecken-Impfzentrums nachgeschaut. Die vergeben weiterhin Termine. Da kann man sogar noch welche für den selben Tag buchen. Ich buche einen für übermorgen. Mehr als auch absagen können die ja nicht.

Also geht es weiter nach Indianapolis. Kurze Zeit später die Nachricht, dass nicht Johnson & Johnson verimpft wird, sondern Moderna mit dem Hinweis, dass dabei eine zweite Dosis erforderlich sein wird. Auch ok.

Wir brechen zeitig auf, um zu sehen, wo wir da hin müssen. Wir können die Zufahrt erkennen und sehen, dass dort auf der einen Seite ein Auto nach dem anderen reinfährt und auf der anderen eines nach dem anderen die Rennstrecke verlässt. Scheint ja zügig zu gehen.

Wir haben noch etwas Zeit, die wir für einen kleinen Spaziergang nutzen, bevor es dann auf die Rennstrecke geht. Etwas aufgeregt was uns dort erwarten wird, passieren wir die Einfahrt zum „Indianapolis Motor Speedway“. Der Weg ist gut ausgeschildert und führt zu einem ersten Stopp. Da werden die paar Daten, die die gespeichert haben, kurz abgeglichen (Name, Geburtsdatum, Telefonnummer) und weiter geht’s.

Nach einigen Metern und Kurven geht es in die Boxengasse. Eine langes Gebäude mit offenen Garagentoren in der „Garage Area“. Wir werden in eine der Einfahrten hinein gewunken. So 10 Impfplätze befinden sich in dieser Halle.

Windschutzscheiben auf beiden Seiten runter. Frage nach Name und Geburtsdatum. Ok. Bitte Ärmel hochkrempeln. Marion ihren rechten, ich auf der Fahrerseite meinen linken (hätte auch den rechten wählen können, schien mir aber einfacher). Kurzer Piks, fertig ist die Impfung und wir können weiter fahren.

Hatte irgendwo gelesen, dass man nach der Impfung 15 Minuten warten soll, für den Fall, dass sich wider Erwarten Probleme einstellen sollten. Hier nicht?

Doch, kurz nach Ausfahrt aus der Garagenanlage geht es auf ein etwas größeres Feld, in dem sich Auto an Auto reiht. Hier müssen wir 15 Minuten warten. Personal geht die Autos ab mit der Frage, ob alles ok ist.

Dann geht es raus aus der Rennstrecke. Hätte gerne noch eine Rennrunde gedreht, das ist aber leider nicht vorgesehen.

Wasserfälle und ein großer Apfel

Nach dem zweitägigen Impfabstecher geht es weiter zu den Niagara-Fällen. Dort wollen wir drei Tage verbringen, ebenfalls in einer airbnb Unterkunft. Besuche der Niagara-Fälle, ein Spaziergang entlang des Niagara-Flusses und ansonsten einkaufen und kochen. Schon sind wieder drei Tage rum und wir freuen uns schon auf das nächste Ziel: New York City!

Der Größe der Stadt angemessen, haben wir die airbnb Unterkunft in Queens für 10 Tage gebucht. Die Fahrt über die George Washington Bridge (einfache Überquerung $16), die den Hudson River überspannt und über „Little Dominican Republic“ und etliche andere Stadtteile nach Queens führt, ist spannend und aufregend. Dass das Auto wegen der Straßen- und insbesondere Parkgebühren nicht das sinnvolle Fortbewegungsmittel für diese Stadt ist, ist glaube ich selbstredend.

So holen wir uns eine Wochenkarte für die Metro, die uns in rund 45 bis 60 Minuten direkt nach Manhattan bringt. Kostet $ 33 pro Person und Woche. Im teuersten Parkhaus, das wir unterwegs gesehen haben, kostet eine halbe Stunde parken mit $ 37 bereits etwas mehr.

Es hat sich einiges geändert seit meinem letzten Besuch hier im November 2004 zum New York Marathon, bei dem ich nach 4:37 h das Ziel im Central Park erreicht hatte (aber ja, das musste ich jetzt erwähnen). Insbesondere der Bereich um das ehemalige World Trade Center am „Ground Zero“ hat sich sehr verändert. Und auf der Westseite von Manhattan am Hudson River entstanden die „Hudson Yards“, Hochhäuser, Theater, und weitere Gebäude, die auf Stelzen über einem immer noch vorhandenen Zugabstellbereich errichtet wurden. Dort will man Arbeiten, Einkaufen und Wohnen miteinander verbinden.

Und von dort geht „The High Line“ los. Wikipedia sagt hierzu: „Die High Line ist eine 2,33 Kilometer lange und 7,5 Meter über dem Boden liegende, nicht mehr als solche genutzte Güterzugtrasse im Westen von Manhattan, die von 2006 bis 2019 zu einer Parkanlage, dem High Line Park, umgebaut wurde. Der erste Abschnitt wurde im Juni 2009 der Öffentlichkeit übergeben.“

Ein herrlicher Spaziergang. Nach einer Woche dann noch ein Spaziergang in der näheren Umgebung der Unterkunft zum „Flushing Meadows Corona Park“, dem zweitgrößten Park in New York neben dem, klar, Central Park. Dieser beheimatet auch das „USTA Billie Jean King National Tennis Center“, in dem jährlich im August/September die US-Open im Tennis ausgetragen werden.

Und den letzten Tag in New York City nutzen wir noch für einen kleinen Ausflug entlang Long Island mit herrlichen Wohngegenden und einem wundervollen Atlantikstrand, der uns schon etwas Vorfreude auf den Törn zurück nach Europa vermittelt.

Ab aufs Land und der verschwundene Mast

Eigentlich sollte es jetzt bereits nach Conneticut zur Luna Mare gehen. Auf Grund der Verspätung mit dem Transport bleiben uns aber noch zwei Wochen (und hoffentlich nicht mehr).

Für diese Zeit suchen wir wieder eine aribnb Unterkunft. Relativ teuer in der Gegend um Mystic/Conneticut. Aber wir werden fündig: West Pawlet. Hart an der Grenze zwischen Vermont und dem Bundesstaat New York. Sehr ruhige und einsame Gegend, da können wir uns mental schon etwas auf die bevorstehende Ozeanpassage einstellen.

Viel gibt es hier nicht zu tun. Spaziergänge hier und da, viel Zeit zum Lesen, Blog schreiben, spielen, oder im Internet surfen. Und natürlich einkaufen (gibt hier wie bereits bei unseren letzten Stopps einen tollen ALDI in der Nähe) und kochen.

Und auf den 4. Mai warten, der neue Verladetermin. Am 2. Abends ein Anruf. Don meldet sich. Er sei der LKW-Fahrer und Miteigentümer von „Safe Harbor Hauling“. Die letzte Auslieferung war etwas schneller, deshalb ist er bereits in Anacortes/Washington. Verladung kann also gemäß neuem Plan pünktlich erfolgen.

Am nächsten Morgen, wir gerade auf dem Weg zurück vom ALDI zu unserer Unterkunft, nochmals Don am Telefon. Es gibt ein paar „issues“, also Probleme. Nein, bitte nicht.

Don erzählt, er war am Boot und es müsste noch einiges erledigt werden, damit das Boot am nächsten Tag verladen werden kann. Übrigens fehlt der Mast. Er hat in der Werft nachgefragt, wobei John auf den Rigger verwies, der den Mast gelegt hat.

Daraufhin macht sich Don auf auf den Weg zum Rigger. Dort erzählt ihm Wayne, dass man den Mast ordentlich neben dem Boot abgelegt hat. Was nun?

Zurück in der Unterkunft rufe ich John von der Werft an. Ich kann mich dunkel erinnern, dass damals einer der Werftmitarbeiter meinte, dass der Mast nach dem Legen nicht am Boot bleiben kann, sondern anderweitig verstaut werden muss. Und John: Ach ja, kann sein. Ich lass mal nachschauen. Und man hat in tatsächlich irgendwo gefunden.

Und die übrigen „issues“ waren dann glücklicherweise auch behebbar. Wir hatten noch die Fender an der Reling hängen lassen, warum auch immer. Benötigt man dort beim Straßentransport aber nicht. Außerdem dürfen die beiden Dieselkanister nicht dort stehen, wo sie das aktuell tun, eine Alustange (Halterung für den Windgenerator) muss noch abgemacht werden und der Außenborder vom Heck entfernt werden, da ihn herunterhängende Äste zerstören könnten.

John war so nett, jemanden loszuschicken, um diese „issues“ zu bereinigen. Und ja, in der Tat wird Luna Mare am Morgen des 4. Mai verladen und tritt ihren Weg zu uns an die Ostküste an. Don hat mich bereits am Folgetag wieder angerufen mit der Info, das alles Bestens ist. Er will mir Bilder schicken und jeden Tag mitteilen, wo sie gerade sind. Toller Service.

Nächste Woche Dienstag (11. Mai) soll sie in Mystic ankommen und dann gleich zurück ins Wasser kommen. Das stellen des Mastes kann laut dortiger Werft eine bis eineinhalb Wochen dauern, da man derzeit sehr ausgelastet ist. Die Zeit können wir gut für die übrigen Vorbereitungen nutzen.

Und am 14. Mai sollen wir unsere zweite Dosis Moderna erhalten. Hoffentlich klappt das so reibungslos wie in Indianapolis, wäre schon toll, fertig geimpft in Europa anzukommen.

Und sofern nicht doch noch irgendwas dazwischen kommt und sobald das Wetter einen guten Eindruck macht, kann es losgehen. So in rund drei Wochen. Bin schon wahnsinnig aufgeregt, die Skipperin, wie üblich, die Ruhe selbst. Nicht fair.

Zurück in den U.S.A. – als ungebetener Gast

Die Wettervorhersage wechselt täglich, teilweise stündlich. Das einheitliche Schema ist, dass es alle zwei bis drei Tage windig (mit Wind aus der falschen Richtung) und regnerisch wird und dazwischen wenigstens nur bewölkt, aber windstill.

So planen wir die Abfahrt für Samstag den 20. März. Samstag und Sonntag sollen überwiegend sonnig und windarm sein, bevor es am Montag wieder ungemütlicher wird. Zwei mal 30 sm, also eine Nacht vor Anker, bevor wir dann in Friday Harbor auf der St. Juan Insel in die U.S.A. einklarieren wollen.

Wir sind froh, dass der Wetterbericht unsere Abfahrt für Samstag ermöglicht. Wir haben uns nämlich am Donnerstag noch einem Covid-19 Test unterzogen. Konnte zwar nirgend eine Info finden, dass der abgesehen von einer Einreise per Flugzeug gefordert wird, aber sicher ist sicher. Und im allgemeinen soll der ja nicht älter als 3 Tage sein. Es ist schwer konkrete Information über die aktuelle Einreise in die U.S.A. zu finden. Bei einer e-mail Rückfrage bei CBP erhielten wir zur Antwort, dass uns Friday Harbor eine Einreise erlauben könnte. Mit B2 Visum und Covid-Test sollte also alles planmäßig laufen.

So ist alles vorbereitet, der Anker geht hoch und wir wollen die False Creek verlassen. Jetzt, obwohl der Motor kalt ist, die im letzten Blog erwähnte Fehlermeldung. Motor nochmal aus und an. Unverändert. Jetzt lässt sich der Alarm auch nicht mehr dauerhaft wegdrücken. Alle paar Sekunden startet er kombiniert mit der Meldung „O.Load“ wieder und wieder. Bei einem der beiden Motorpaneele, welches sich im Cockpit befindet, ziehe ich den Stecker, Ruhe. Marion sitzt im Innensteuerstand am anderen und schaltet den alle paar Sekunden anschlagenden Alarm immer wieder aus.

Nachdem wir tieferes Wasser weiter entfernt vom Land erreichen löse ich die Skipperin beim Ausschalten des Alarms ab. Kaum sitze ich, keine erneute Alarmmeldung mehr. Gutes Karma? Nicht wirklich, den der Fehler bleibt grundsätzlich bestehen, die Batterie wird nicht geladen. Dank etwas Wind und Sonne geht die Ladung nicht zu schnell runter und es wird sicherlich bis Friday Harbor reichen. Dort wollen wir ohnehin in die Marina und können mit Landanschluss die Batterien wieder laden. Glauben wir zu dem Zeitpunkt zumindest.

Jetzt geht es aber erst mal wieder zurück zu den Vancouver Island vorgelagerten Inseln. Dort gibt es mehrere Pässe, die einen wieder in eine Art „Inside Passage“ führen. Die Eigenheit der Pässe ist, dass sich dort eine erhebliche Strömung von bis zu 9 kn entwickeln kann. Habe die letzten Tage hierfür rund ein Dutzend unterschiedlicher Routen im Plotter abgespeichert, da ich mich nicht so recht für einen Pass entscheiden konnte.

Nach Abfahrt aber gehen wir Richtung „Porlier Passage“ und nicht zu dem bis dahin favorisierten „Active Pass“. Die Durchfahrt durch letzteren ist relativ lang mit erheblichen Strömungsturbulenzen und es gibt dort angeblich reichlich Verkehr. Die „Porlier Passage“ ist nur kanpp 1 sm lang, man kommt also schnell hindurch und gemäß Strömungstabelle wird diese mit gut 3 kn mit uns sein. Trotz zu erwartender Verwirbelungen sollte wir dort gut durchkommen.

Beim Überqueren der „Strait of Georgia“ dann über Funk „Securité securité“, Sturmwarnung für den morgigen Sonntag. Der Wetterkanal grenzt das dann etwas ein, Sturm wohl eher weiter nördlich, in unserem Bereich Regen mit Starkwind. Das verspricht keine gemütliche Ankernacht.

Also in einem Stück durch bis Friday Harbor? Wir kommen ungern nachts irgendwo an, aber die Ankeralternative ist keine, die uns begeistert. Also Kurs erneut angepasst mit Ziel „Customs Dock“ Friday Harbor (so heißt nicht nur der Hafen dort, sondern der ganze Ort).

Einreise in die USA nicht möglich

Wir kommen gegen 21 Uhr an. Anlegen klappt, aber das Zollhäuschen am Steg ist nicht mehr besetzt. Ein Plakat zeigt die Telefonnummer für Ankunft außerhalb der Bürozeiten. Dort aber nur ein Anrufbeantworter. Die Bürozeiten beginnen um 8 Uhr, also verschieben wir das auf den nächsten Morgen und legen uns etwas später, nach dem obligatorischen Anleger, schlafen.

Und der Tag des Schreckens nimmt seinen Anfang. Ein paar Minuten nach acht rufe ich CBP (U.S. Customs and Border Protection – Department of Homeland Security) mittels eines am Zollhäuschen installierten Telefons an. Ich konnte noch kaum „Guten Morgen“ sagen, als man mir sagt „die Grenze ist geschlossen“.

Mein Herz sinkt schlagartig zu Boden, ich versuche meine Stimme im Griff zu haben und erläutere unser Anliegen. In Kurzform: Wir möchten gerne unser Boot auf dem Landweg von der U.S. Westküste an die Ostküste bringen, um von dort nach Hause segeln zu können. Der Transport und die Marinas, die das Boot aus dem Wasser holen und später wieder dahin zurück bringen, sind organisiert. Anzahlungen bereits geleistet. Nein, wir wollen nicht in den U.S.A. dauerhaft bleiben, wir wollen einfach nur nach Hause.

Das Gespräch ist insofern etwas eigenartig, als dass unser Gesprächspartner nicht selbst entscheiden darf, sondern das was ich ihm sage an die vermutlich Entscheidungsperson weitergibt, die dann ablehnt, woraufhin wir weiter diskutieren, er die Info weitergibt, die Entscheidungsperson wieder ablehnt. So geht das rund 30 Minuten.

Am Ende des Gespräches sagt er uns, er kommt zum Boot, auf dem wir gefälligst bleiben sollen. Kurze Zeit später ist er da und lässt sich unseren oben genannten Plan nochmal genau erläutern. Er möchte Unterlagen sehen, aus denen hervorgeht, dass wir tatsächlich einen LKW-Transport vereinbart haben, für den wir ja bereits $ 1.600 Anzahlung geleistet haben. Er macht hier und da ein Foto und schickt es vermutlich an die Entscheidungsperson. Danach telefoniert er mit dieser und informiert uns, nützt alles nichts, ihr müsst zurück nach Kanada.

Ich stammle was von wegen das geht nicht, da können wir unser Boot gleich hier aufgeben. Meinetwegen kann er uns verhaften, oder gleich erschießen. Echte Panik in meinem Hirn. Er lehnt beide Angebote ab und macht sich daran, die Leinen vom Boot zu lösen. Was soll das jetzt? Ich sage, er würde uns damit in Gefahr bringen und ob ich das fotografieren dürfe. Er sagt nichts, so hole ich die Kamera und mache ein paar Aufnahmen. Nach der ersten Leine beendet er dann aber seine Aktion und stampft wütend davon.

Lösen der Heckleine.
Vorleine dann doch nicht mehr gelöst.

Was nun? Diesel haben wir nicht mehr viel. Ich wollte, dass der Tank möglichst leer ist, bevor Luna Mare auf die Straße geht. Denke es ist nicht sehr hilfreich, wenn da ein paar Hundert Kilo Diesel am hin und her schwenken sind. Außerdem ist die Batterie mittlerweile bei unter 40%. Bevor der Grenzbeamte kam, haben wir den Motor schon mal probeweise gestartet, aber hinsichtlich Ladens der Batterie ohne Erfolg.

Zurück nach Kanada? Das schaffen wir nicht. Entweder geht der Diesel aus, oder die Batterie gibt ihren Geist auf und wir sind ohne Navigationsmöglichkeiten. Und sofern uns Kanada ebenfalls nicht mehr rein lässt beginnt ein ping pong Spiel, welches für uns mit Sicherheit in einer Katastrophe enden würde,

Wir müssen es irgendwie schaffen, die Luna Mare in die Marina von Anacortes zu bekommen. Sollte man uns dann festnehmen und ausweisen, hätten wir Freunde dort, die die Luna Mare zu der Werft bringen könnten, die sie an Land holt. Ein Transport an die Ostküste wäre dann möglich, aber was dann?

Egal, es ist unsere einzige Option. Die knapp 40% Batteriekapazität müssten für die 20 sm reichen. Es gibt zwar keine Sonne, aber wie vorhergesagt etwas mehr Wind. Also Leinen los und auf nach Anacortes.

Unter Geleitschutz nach Anacortes

Wir haben Glück, nach dem Starten des Motors werden die Batterien wieder geladen. Ein Problem erst mal weniger. Von Friday Harbor aus ist es ein zickzack-Kurz entlang der vielen Inseln. Insgesamt 20 sm. Da sollten wir doch unerkannt hinkommen können. Denkste. Nach knapp der halben Strecke ein Boot der U.S. Coast Guard mit Blaulicht. Wir stoppen unsere Fahrt.

Ein Schlauchboot wird herabgelassen mit 4 Mann Besatzung. Aus der Richtung von der wir kamen kommt ein weiteres Boot mit Blaulicht. Die Skipperin meint noch in ihrer durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Art: die meinen nicht uns. Aber außer uns ist hier nur eine Fähre unterwegs.

Das Boot der U.S. Coast Guard und dessen Schlauchboot bleiben weiterhin in der Nähe, aber nähern sich nicht wirklich an und rufen uns auch nicht per Funk. Ziemlich surreal das Ganze. Ich denke, dann rufe ich die an. Auf Kanal 16: „U.S. Coast Guard for sailing vessel Luna Mare“. Keine Antwort. Was geht da ab? Nochmal „U.S. Coast Guard for sailing vessel Luna Mare“ ergänzt durch „are you here for us?“.

Dann kommt eine Antwort „Sailing Vessel Luna Mare for Victoria Coast Guard“. Habe es erst nicht bemerkt, aber nach der Frage, wo wir uns aktuell befinden, realisiere ich, dass kommt nicht von dem Küstenschutzboot in Sichtweite sondern vom kanadischen Grenzschutz. Wie das? Ich vermute, die wurden informiert, dass man uns zurück schickt, aber dass die meinen Anruf der U.S. Küstenwache beantworten hat mich schon etwas überrascht.

Nach kurzem Austausch auf Kanal 16 gibt mir Jenn, wie die freundliche Dame heißt, eine Telefonnummer, die ich anrufen soll. Am Telefon dann meinerseits die oben schon mal erwähnte Story. Sie fragt, ob eine Rückkehr nach Kanada für uns in Frage käme. Ich erwidere, dass das dem Aufgeben unsere Bootes gleichkommt, da wir dann erst in einem Jahr wieder die (ungewisse) Möglichkeit haben werden nach Europa auf zu brechen. Und bei dem Klima und den Feuchtigkeitsproblemen die wir ohnehin haben, wird das Boot keinen weiteren Winter in dieser Klimazone überstehen.

Auch Jenn möchte nochmals Details über unsere Planung zur Rückkehr nach Europa inklusive Name und Telefonnummer des LKW-Unternehmers. Und ich solle ihr noch die Papiere per MMS schicken, die wir letztes Jahr in Prince Rupert erhalten haben. Ein Dokument, dass bei der Einreise besagte, wir sollen direkt in die U.S.A. zurück kehren (Durch unser Leck auf Grund der Kollision mit einem Baumstamm durften wir dann ja wie berichtet trotzdem einreisen). Das gleiche haben wir nun auch von seitens der U.S.A., welches hier halt besagt, wir sollen direkt nach Kanada zurück kehren. Ping Pong. Sollte die U.S. Coast Guard sich an uns wenden, sollen wir diese an sie verweisen.

Ich glaube ja, es gibt ein politisches Problem zwischen Kanada und den U.S.A. Kanada hat seine Grenzen ja komplett dicht gemacht, währenddessen die Einreise in die U.S.A. von den meisten Ländern aus weiterhin möglich ist (natürlich mit entsprechenden VISA). Aus den hiesigen Medien ergibt sich der Eindruck, dass die U.S.A. reichlich verstimmt darüber ist, dass für sie die Grenze zum Nachbarn Kanada dicht ist.

Die Grenze war teilweise so zu, dass sich nicht mal Familienmitglieder sehen durften. Trudeau konnte nicht mit Trump. Das war noch nachvollziehbar. Aber dass Kanada die Grenzen weiterhin für die U.S.A dicht macht, obwohl Biden nun Präsident ist und ein stringentes Pandemiekonzept mit großen Impferfolgen hat, scheint wohl dort nicht gut anzukommen. Ist aber nur mein subjektives Empfinden.

Jetzt aber wieder zurück zu uns. Mittlerweile nähert sich das Schlauchboot doch. Es wird Sprachkontakt hergestellt. Was wir hier wollen, obwohl wir des Landes verwiesen wurden. Also wieder die gesamte Story. Von der Westküste an die Ostküste und dann nach Europa, nach Hause. Immer wieder Rücksprache mit einem Vorgesetztem, der sich vermutlich auf dem Küstenwachenschiff befindet.

Dürfen wir an Bord, um einen Sicherheitscheck durch zu führen? Ja klar, kein Problem. Sicherheitscheck läuft problemlos. Eine der Beamten fragt weiter nach den Details unseres Plans und möchte Unterlagen hierzu sehen. Außerdem fragt er, ob eine Rückkehr nach Kanada für uns in Frage käme.

Ich verneine und verweise auf Jenn. Und er verweist darauf, dass unser Boot mit hoher Wahrscheinlichkeit gleich nach der Ankunft in Anacortes beschlagnahmt werden wird. Ob wir nicht doch lieber nach Kanada zurück wollen. Ich verweise auf unseren niedrigen Dieselstand. Die Batterie ist glücklicherweise wieder voll geladen. Er schlägt vor, nach Friday Harbor zurück zu kehren um dort aufzutanken und dann die Rückreise nach Kanada anzutreten.

Kanada ist wundervoll, aber ich sehe keine Möglichkeit, über Kanada nach Europa zu kommen. Versuche Jenn am Telefon zu erreichen. Geht nicht ran. Textnachricht „Wir sollen zurück nach Kanada, dürfen wir überhaupt wieder rein?“. Antwort kurz darauf „Standby, ich spreche mit meinem Chef über die Situation“.

Der U.S. Beamte wiederholt sich. Euer Boot wird beschlagnahmt werden, wollt ihr nicht doch lieber zurück nach Kanada. Ich sage ja, ok, müssen wir wohl als Alternative berücksichtigen. Aber werden die uns überhaupt reinlassen? Ok, kein Problem, sagt er, ich kläre das.

Kurze Zeit später kommt er zurück. Wir haben Info aus Kanada, die lassen Euch nicht rein. Ihr wart dort laut deren Aussage für einige Monate illegal. Äh? Ok, kann nicht sein, aber ich widerspreche erst mal nicht. Bin zwar Buchhalter, muss aber nicht immer Recht behalten.

Jetzt ist Anacortes doch plötzlich eine Option. Das mit der Beschlagnahme bleibt so im Raum stehen, aber wenigstens ist die Luna Mare dann am Festland, wo sie zumindest theoretisch ihren Weg an die Ostküste antreten könnte. Sofern sie halt nicht an die Kette kommt.

Wir dürfen also unseren Weg nach Anacortes fortsetzen. Man informiert uns, dass uns dort die dortigen CBP Beamten erwarten werden und dass wir auf den Weg dorthin, „zu unserem Schutz“, von der Küstenwache begleitet werden.

Langer Sonntagabend in Anacortes

Durch den langen Aufenthalt auf halber Strecke kommen wir erst um 18 Uhr in Anacortes an. Der Wind hat deutlich zugenommen, auf jetzt 25 bis 30 kn. Das macht das Anlegen etwas herausfordernder. Hinzu kommt, dass ich mich auf Grund der Situation ohnehin schwer tue, mich zu fokussieren.

Wir sollen am Steg der Tankstelle anlegen. Ich wähle die Seite, von der uns der Wind wegpustet. Das macht es zwar schwieriger, so nahe an den Steg zu kommen, dass die Skipperin uns dort festmachen kann, aber auf der anderen Seite können wir nur sehr schwer ablegen, wenn uns der Wind gegen den Steg drückt.

Dank ihrer großartigen Wurffähigkeiten schafft es Marion eine Landverbindung herzustellen. Wir ziehen uns näher an den Steg, auf den ich dann hüpfen kann, um die übrigen Leinen festzumachen. Die Besatzung im Küstenschutzschlauchboot fragt, ob sie uns an den Steg drücken sollen. Ja, sehr gerne. So geht das festmachen dann doch relativ einfach.

Kurz darauf sind auch schon zwei CBP-Beamte am Steg. Wir können hier nicht bleiben, dies sei ein privater Steg, werden wir informiert. Die beiden Jungs im Schlauchboot suchen nach einer Alternative und finden die zügig. Leinen los und wieder ablegen.

Diesmal geht es an den Besuchersteg. Diesmal haben wir keine Wahl, es bleibt nur die Seite, an die uns der Wind drückt. Hier besteht aber auch eher die Chance, dass der Wind dreht, oder nachlässt, bevor wir wieder weg müssen bzw. in unserer Situation, dürfen. Die Jungs im Schlauchboot der Küstenwache drücken uns wieder an den Steg. Mein Hinweis, dass das der Wind bereits tut wird ignoriert. Scheint denen Spaß zu machen. Bei einem Stahlboot kann da ja nichts kaputt gehen. Höchstens am Steg.

Postwendend sind auch die CBP-Beamten wieder da und begleiten uns zu deren Büro im Hafengebäude. Nochmal unsere ganze Geschichte von vorne. Unsere Unterlagen werden begutachtet und kopiert. Vertrag mit dem LKW-Unternehmen, Covid-Test-Resulatat, Grenzdokumente etc. und man klärt uns darüber auf, dass wir uns bis zum Abschluss der Überprüfung in deren „custody“, also Gewahrsam befinden. Es wird uns Essen und Trinken angeboten, wir lehnen dankend ab.

Kurz nach 22 Uhr hat der Spuck ein Ende. Ergebnis: Unser 10-Jahres-Visa wird für ungültig erklärt und wir erhalten eine „parole“, eine Bewährung, die auf dem Dokument für die Ausreise vermerkt, dass diese bis zum 21. Juni zu erfolgen hat. Luna Mare wird nicht beschlagnahmt und wir können unseren Plan hinsichtlich der Rückreise nach Europa weiter verfolgen.

Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass die CBP-Beamten in Anacartes sehr freundliche waren und uns sehr gut behandelt haben. Wir sind sehr dankbar, dass sie es uns ermöglichen zusammen mit unserem Boot die Heimreise anzutreten anstatt dieses zu beschlagnahmen und uns einfach auszuweisen. Und Dank an die U.S. Coast Guard für die Hilfe beim Anlegen im Port of Anacortes.

Was bedeutet das für ungültig erklärte Visa für uns? Eigentlich nichts, was uns in Schwierigkeiten bringt. Das Zeitfenster für die Atlantiküberquerung schließt sich eh zu dem Zeitpunkt, wegen der Hurrikan-Saison. Unser Plan, ab Mitte Mai abzulegen, sobald das Wetter passend erscheint, kann also bestehen bleiben. Sofern wir wie geplant im Herbst 2022 wieder weitersegeln, haben wir die Route über Südamerika in den Pazifik geplant und dann Südsee etc. Ein Besuch der U.S.A. ist also ohnehin nicht für die nächsten Jahre vorgesehen.

In einigen Jahren dürfen wir zwar wieder ein US Visum beantragen. Stand heute kann ich mir nicht vorstellen, dass ich jemals ein Verlangen danach verspüren werde. Kein Vorwurf gegen die U.S.A., es ist deren gutes Recht keine Leute ins Land zu lassen, die man dort nicht haben möchte. Möchte halt aber auch kein Land besuchen, in welchem ich nicht willkommen bin.

Einziges was verbleibt ist möglicherweise, dass wir Überseegebiete der U.S.A., oder US-Inseln irgendwo in den weiten der Ozeane links liegen lassen müssen. Damit sollten wir aber klar kommen.

Es schwebt aber noch ein Damoklesschwert über uns. Es wird eine Geldstrafe gegen uns verhängt werden. Man würde hierzu am nächsten Tag zu uns an Bord kommen. Da kreisen natürlich sofort die Gedanken. Wird es eine sein, die wir in der Lage sind aufzubringen? Wenn nicht, wird dann Luna Mare doch noch beschlagnahmt? Dürfen wir ausreisen, oder droht uns gar Gefängnis, falls wir nicht zahlen können? Marion hält das mal wieder für Hirngespinste meinerseits und wie sich herausstellen sollte, hat sie natürlich mal wieder Recht. Wie immer eigentlich.

Aber unsere Nerven werden auf die Folter gespannt. Keiner kommt am nächsten Tag. Auch nicht die Tage danach. Was hat das zu bedeuten? Haben die uns vergessen? Die haben noch unsere Bootsurkunde, segeln kann man aber theoretisch auch ohne. Sofern wir es schaffen, Luna Mare an die Ostküste zu bringen.

Donnerstag werden wir mit einer Hiobsbotschaft von unserem, insbesondere meinem, angespannten Warten erlöst. $ 5.000, zahlbar innerhalb von 60 Tagen. Es sind aber keine Beträge, wie sie in meinen Albträumen vorgekommen sind und unbezahlbar gewesen wären. Aber auch $ 5.000 sind für uns eine Menge Holz. Zumal der Transport an die Ostküste teuer ist und nicht in unserem Budget vorgesehen ist. Und endlich in Lanzarote angekommen warten einige Bootsarbeiten auf uns, insbesondere ein Komplettanstrich und das Abdichten von Deck und Ankerkasten. In einer Tropfsteinhöhle können und wollen wir unsere Segelreise nicht fortsetzen.

Wir sind damit aber zumindest nicht direkt pleite. Vielleicht können wir es in Europa ja mal mit Arbeit versuchen, um unsere Bordkasse nicht ganz austrocknen zu lassen. Wär ja mal nen Versuch wert ;-). Und es wird uns erlaubt, eine Art Gnadengesuch einzureichen. Mach ich natürlich, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass das zu einer Reduzierung, oder gar Aussetzung der Geldstrafe führen könnte.

Hier noch ein Bild von hier. Mehr Bilder gibt es, sobald ich wieder besser drauf bin.

Auf nach Vancouver

Vorbereitungen sind erledigt und wir haben richtig Glück hinsichtlich des Wetters. Der letzte bezahlte Monat in der Marina endet am Montag und das schöne Wetter beginnt ebenfalls am Montag, nachdem es Sonntags noch etwas Regen und Gegenwind gegeben hätte.

Wecker auf 7 Uhr gestellt, Nachbarn Mae und Marty sind um die Zeit schon wach und wollen uns beim ablegen helfen. Da klopft es schon kurz vorher am Boot. Wer weckt uns da? Niemand zu sehen. Plötzlich fällt mir eine dunkle Rauchsäule auf, die über uns hinweg zieht. Was brennt den da?

Und in der Tat, am Nachbarsteg brennen zwei Motorboote lichterloh. Die Feuerwehr ist rasch im Einsatz und kann verhindern, dass das Feuer auf Nachbarboote übergreift. Bei den zwei Motorbooten ist nichts mehr zu retten. Wie wir erfahren, kam glücklicherweise keine Person zu Schaden.

https://youtu.be/myWyxMpYLFc

Als wir dann eine gute Stunde später ablegen, raucht es immer noch ordentlich. Mit einem größeren Schlauchboot der Küstenwache werden die beiden Boote aus der Box genommen, damit die dort nicht versinken und zu einem anderen Ort, vermutlich sofern möglich aus dem Wasser raus, gebracht.

Bob von nebenan bringt uns noch etwas frisch eingemachten Lachs vorbei. Der Wind lässt deutlich nach, so dass wir ohne Probleme aus der engen „Parklücke“ rauskommen. Wir verabschieden uns winkend von den Nachbarn und machen uns auf den Weg zur Tankstelle. Noch ein paar Liter Diesel bunkern und auf geht es zur ersten Ankerbucht, Henry Bay, Denman Island.

Und schon wieder die Ankerwinsch.

Um die Jahreszeit haben wir die Ankerbuchten meist ganz für uns. Gelegentlich der eine oder andere Fischer, aber glücklicherweise nicht in dem Bereich, der für uns flach genug zum Ankern ist. Also Anker runter. Stoppt aber nach kurzer Zeit. Was ist jetzt schon wieder los. Die neue Ankerwinde kann es ja wohl nicht sein.

Schon wieder das Relais defekt? Beim Berühren der Sicherung geht es plötzlich wieder weiter. Aber wieder nur kurz, dann springt die Sicherung ganz raus. Nach kurzem Warten ein klacken, die Sicherung kann wieder eingerastet werden und es geht wieder ein Stück. Das bringt nichts, den bevor der Anker am Boden ist, sind wir im Zweifel nicht mehr an der Stelle, wo wir den Anker setzen wollen.

Man kann aber mit einer Winschkurbel die Kettensperre lösen, so dass die Kette einfach ausrauscht. So liegen wir jetzt erst mal sicher vor Anker. Mal sehen, wie wir die Ketten morgen früh wieder hochbekommen.

Am nächsten Morgen bestätigt es sich dann, die Sicherung ist überfordert. So geht die Kette nur Meter für Meter hoch, immer mit einer Pause dazwischen, bis sich die thermische Sicherung wieder abgekühlt hat.

Manual überprüft. Arbeitslast der Winde 140A, die Sicherung soll 80A haben. Unsere hat 80A aber irgendwie komisch oder?

So kommt es, dass ich den Unterschied zwischen einer thermischen Sicherung, die wir haben, und einer hydraulisch/magnetischen, die wir laut Manual haben sollten, erlerne. Danke Tobi hierfür. Blöd nur, dass wir keine hydraulisch/magnetische dabei haben. Statt tollen Ankerbuchten jetzt doch in Marinas, oder einfach die Kette mit viel Geduld und der Hoffnung, dass die Sicherung nicht komplett den Geist aufgibt, hochholen?

Wundervolle Ankerbuchten schützen nicht vor einem weiteren Problem

Wir entscheiden uns fürs zweite und brechen zur False Bay/Lasqueti Island auf. Die Entfernung zwischen den Ankerplätzen beträgt nur zwischen 20 und 30 Seemeilen. So erreichen wir die nächste traumhafte Ankerbucht im Laufe des Nachtmittags.

Anker ohne Ankerwinde gesetzt und die Natur ringsherum genießen. Da wir selten mit nur einem Problem unterwegs sind, haben wir auch dieses Mal noch ein zweites. Das Motorpaneel meldet „E16 TEMP“. Eine Fehlermeldung, die im Manual nicht erwähnt ist, aber wohl auf ein Temperaturproblem verweist. Motortemperatur ist aber mit knapp 80° C sicherlich nicht das Problem.

Der Fehler trat bisher auch schon mal sporadisch auf, dann hatten wir den Motor kurz abgestellt, neu gestartet und alles war ok. Dumm nur dann, wenn die durch ein äußerst unangenehmen Alarmton begleitete Fehlermeldung kommt, wenn man den Motor z.B. für ein Anlegemanöver dringend benötigt.

Das wollte die Motorelektronik aber so nicht auf sich sitzen lassen und hat sich nunmehr ausgedacht, das es durch das abschalten der Lichtmaschine vielleicht mehr Aufmerksamkeit erhalten könnte. Jetzt geht zusammen mit der Fehlermeldung der Drehzahlmesser auf Null und die fleißig weiterdrehende Lichtmaschine lädt die Batterien nicht mehr.

Glücklicherweise haben wir Internet und mit Hilfe der immer sehr hilfsbereiten Yachtwerft Heiligenhafen (Urs Weisel), des deutschen Motorlieferanten Marineservice Niederlehme (Alexander Rapp) und dem Hersteller (Lombardini, jetzt Kohler) selbst, konnte die Fehlerursache eingegrenzt werden.

Die für die Motorelektronik zuständige Box hat laut Hersteller einen falschen Grenzwert für die Temperatur im „Flashspeicher“. Muss ausgetauscht werden. Und es wurde ohne großes Hin und Her direkt angeboten, uns einen Ersatz zu senden. Gut, das wir mittlerweile June an der Ostküste kennen, die bereit ist, das Paket für uns entgegen zu nehmen.

Box für die Motorelektronik (ECU)

Die Befürchtung, jetzt doch weiter von Marina zu Marina zu müssen hat sich aber glücklicherweise nicht bestätigt. Morgens, wenn alle Aggregate noch kalt sind, läuft alles problemlos und bisher haben wir Glück, dass sich der Fehler erst immer dann einstellt, nachdem die Batterie voll geladen ist.

Morgens ist es drinnen wie draußen noch etwas kühl..

It is a log, not a rock

Nach unserer Ankunft in Campbell River waren wir in Quarantäne und auch danach noch ein paar Tage in Tracys airbnb Unterkunft, bis Luna Mare wieder dicht war. Anfang Oktober, nach Ablauf unserer Quarantäne, hat uns dort eine freundliche Journalistin vom lokalen „Campbellriver Mirror“ interviewt. Die fand es irgendwie spannend, wie wir hier gestrandet sind.

Im März nochmal eine kurze Unterhaltung und jetzt, zwei Tage nachdem wir Campbell River verlassen haben, erscheint der Artikel. Inhaltlich etwas ungenau, es war natürlich kein Fels, der durchs Wasser trieb, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Baumstamm, den wir da nächtens gerammt haben. Vermutlich hat mein deutscher Akzent aus „log“ einen „rock“ gemacht. Und das passierte nicht in der Strait of Georgia. Dort haben wir lediglich das kleine Leck, das durch den ramponierten Tiefengeber entstand, entdeckt.

Auch ansonsten nicht immer präzise, habe die Journalistin vermutlich zu sehr voll gelabert, aber eine nette Geschichte. Vielen Dank Binny.

An unexpected anchor: German couple sailing the world find refuge on Vancouver Island – Campbell River Mirror

Weiter nach Vancouver

Die 3. Nacht verbringen wir in der Smuggler Bay vor Anker. Abgesehen vom kurzen Stopp am Zoll in Prince Rupert, das erste Mal, dass wir am Festland anlegen. Und dann gleich in einer solch wundervollen Bucht. Wiederum ganz für uns alleine. Im Sommer sieht das ganz anders aus. Da werden die Ankerlieger mit einem Tau am Festland befestigt, damit dann ein Boot gefahrlos so dicht wie möglich neben dem anderen liegen kann. Bei uns reicht ein Anker auf knapp 10 m Tiefe.

3. Ankernacht
in der
Smuggler Cove

Noch ein Stopp bis zum Ankerplatz in Vancouver. Wir entscheiden uns, die Gibsons Marina anzulaufen. Da gibt es „in der Nähe“ einen Marineladen und wir können nochmal eine richtige Dusche benutzen. Auf der Luna Mare ist das Duschen im Boot etwas umständlich und im Cockpit, wo es eigentlich ganz toll ist, witterungsbedingt nicht wirklich unser Ding.

White Islets auf demWeg zur Gibsons Marina.
Schöner Ausblick von der Gibsons Marina

Der Marineladen, den wir nach einem anstrengenden, weil teils relativ steilen Weg erreichen, bringt uns nicht weiter. Eine 80A Sicherung gibt es, aber nur eine thermische. Wir sind aber guter Dinge, in Vancouver die richtige zu ergattern. Der Spaziergang den Berg hoch zum Laden hat uns gut getan, noch die Dusche genießen und einen entspannten Abend mit einer ebensolchen Nacht auf der Luna Mare.

Da es nur noch gut 20 Seemeilen bis nach Vancouver sind, können wir uns gemütlich nach dem Frühstück auf den Weg machen. Die Strömung ist hier nicht so ausgeprägt, so dass wir gut vorankommen und gut 4 Stunden später bereits im False Creek den Anker setzen können. Nach dem ersten Versuch noch etwas zu nahe an einem Nachbarn, nochmal Anker hoch, was ja wie vorhin beschrieben ein Geduldsspiel ist. Nach dem zweiten Versuch liegen wir aber Bestens und wollen dass auch bis zur Weiterfahrt nicht mehr ändern.

Ankern vor der Skyline
von Downtown Vancouver

Kurz darauf ein Besuch des Grenzschutzes. Da wir nahe an der Grenze zur USA sind, achtet man wohl insbesondere auf Grund der Pandemie darauf, dass hier keiner unerlaubt die Grenze überschreitet. Er will unsere „Reporting-Number“ (Einklarierungsnummer), ruft bei der ausstellenden Behörde an und zieht wort- und grußlos weiter. Scheint also alles ok zu sein.

Am nächsten Tag, Samstag, geht es zuerst zum Public Market auf der Granville Island, die gar keine Insel, sondern nur eine halbe ist.

Danach machen wir uns auf den Weg zu einem Marineladen. Mit den örtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut gemacht, geht es auf die andere Seite der nördlich von unserem Ankerplatz gelegenen Halbinsel, die die Downtown von Vancouver beheimatet. Entgegen den im Internet gefundenen Öffnungszeiten hat der Laden aber Samstags geschlossen. Macht nichts. Bei herrlichem sonnigen und milden Frühlingswetter spazieren wir am Ufer entlang zum Stanley Park.

Von dort geht es dann mit öffentlichen wieder zurück zum Dinghy-Dock und von dort auf die Luna Mare. Wir genießen den mildesten Tag seit rund einem halben Jahr. Im Internet finde ich noch einen weiteren Marineladen, der auch unsere Ankerwinde im Angebot hat. Dann könnte er ja auch den passenden Sicherungsschalter haben? Macht in einer guten Stunde zu. Noch versuchen rechtzeitig hinzukommen, oder auf Montag warten?

Reparaturen müssen gleich erledigt werden, also auf geht’s. Und in der Tat, wir schaffen es rechtzeitig und die haben exakt den Sicherungsschalter den wir benötigen. Für ein Segelboot kostet so etwas dann € 100, was man für den Haushalt vermutlich für € 20 erhalten würde. Stimmt, das hätten wir uns vorher überlegen müssen.

Am heutigen Sonntag zeigt sich das Wetter leider nicht mehr so angenehm. Regen, allerdings nicht mehr bei knapp über null, sondern fast 5 bis 10°C. In Campbell River schneit es momentan sogar noch kurz etwas. Es ist aber bereits für morgen wieder Sonnenschein vorhergesagt. Zumindest hier. Dann geht es wieder in die Downtown und Chinatown.

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